Wien - Die Konsequenzen aus dem Unmut der Buchhändler über seine Doppelrolle bei der Auftragsvergabe der Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG) für Fachbücher und Fachzeitschriften zog am Mittwoch Anton C. Hilscher. Bei der Vorstandssitzung des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels (HV) erklärte er seinen Rücktritt.

Zur Erinnerung: Die BBG hatte, wie im STANDARD berichtet, ein Anbot ausgeschrieben, nach welchem künftig alle Bucheinkäufe staatlicher Institutionen nur noch über einen Großbuchhändler erledigt werden sollen. Das Anbot, das für zahlreiche Buchhändler im Land das Aus bedeutet, sorgte in der Branche für höchste Aufregung. Die Hoffnung galt - und gilt - dem HV, rechtliche Klage gegen die offensichtlich gegen das Buchpreisgesetz verstoßende Ausschreibung einzureichen.

Umso empörter waren die Buchhändler, dass ausgerechnet zwei Präsidiumsmitglieder des HV, Anton C. Hilscher und Gerald Schantin, Unternehmen vertreten, die zu den vier schwarzen Schafen zählen, die mit Rabattzusagen bis zu 16 Prozent nach der staatlichen Beute schnappten.

Dass Schantin, Geschäftsführer von Mohr-Morawa und Morawa Styria, am Donnerstag im Hauptverband das Vertrauen ausgesprochen wurde, obwohl Morawa&Co es waren, die den Zuschlag der BBG erhielten, zählt zu den vielen Merkwürdigkeiten der Buchhandelsorganisation. Für Morawa erklärte Emmerich Selch seinen Rücktritt aus dem Vorstand des HV, während Schantin weiterhin beteuerte, unschuldig zu sein am wettbewerbsverzerrenden Gebaren der Morawa-Schwester.

Wie weit er sich als Mitglied des Übergangspräsidiums bis zur Neuwahl in wenigen Monaten, gemeinsam mit Buchhändler Erwin Riedesser und Picus-Verleger Alexander Potyka, für die rechtliche Anfechtung des umstrittenen Auftrags an Morawa einsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Es erforderte aber eine höchst seltene Form der Persönlichkeitsspaltung, wollte sich das HV-Präsidiumsmitglied Schantin reinen Herzens für die Annullierung jenes staatlichen Großauftrags einsetzen, der der Unternehmensgruppe, in der der Unternehmer Schantin als Geschäftsführer zweier wesentlicher Töchter fungiert, satteste Gewinne verspricht.

Sollte sich der HV aber zu geschlossenem Handeln durchringen, stehen ihm zwei durchaus viel versprechende juristische Möglichkeiten offen: Zum einen eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs. Zum anderen eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof mit dem Ziel, den Bereich "Fachbücher" insgesamt aus dem Wirkungsbereich der BBG herauszunehmen. Für beide Verfahren sehen Insider Erfolgsaussichten von mehr als fünfzig Prozent - vorausgesetzt nur, dass sich der Verfassungsgerichtshof mit der Buchbeschaffung durch die BBG auseinander setzen will.

Denn die Klage eines Mitbieters nach dem Vergabegesetz wurde vom Bundesvergabeamt bereits abgewiesen. Somit wurde der Zuschlag an Morawa nun erteilt. Ab April 2004 wird das Unternehmen den Staat mit Zeitungen beliefern, ab 1. 1. 2005 mit Fachzeitschriften und Fachbüchern. Es gilt also für den Hauptverband, nun keine Zeit zu verlieren und durch die schnellstmögliche Einleitung der beiden Rechtsverfahren seinen engagierten Einsatz für den Erhalt der intakten Buchhandelsstruktur in Österreich zu beweisen. (DER STANDARD, Printausgabe, 10./11.1.2004)