Netzpolitik
USA beschließt neue Bestimmungen
Keine Schlüsselhinterlegung nötig - Wassenaar ad absurdum geführt?
Washington - Noch vor dem Jahreswechsel hat
das US-Wirtschaftsministerium neue Bestimmungen für den Export von
Verschlüsselungssoftware verabschiedet. Demnach darf Kryptografie-Software
mit einer Schlüssellänge unter 56 Bit nach einer einmaligen Prüfung durch
das Wirtschaftsministerium künftig exportiert werden. Bisher war eine
maximale Schlüssellänge von 40 Bit erlaubt. In sieben als "terroristisch"
eingestufte Staaten sind allerdings weiterhin keine Exporte erlaubt.
Nach Aussagen der Ministeriumssprecherin Sue Hofer darf künftig auch
Kryptografie-Software mit unbegrenzter Schlüssellänge an Internet-Anbieter,
Finanzinstitute und medizinische Einrichtungen in insgesamt 42 als "sicher"
eingestufte Staaten ausgeliefert werden. Notwendig dazu sei lediglich eine
einmalige Untersuchung des Ministeriums. Diese dauere etwa 15 Tage. Eine
Schlüsselhinterlegung sei nicht vorgesehen, so Hofer.
Die neuen Äußerungen des US-Wirtschaftsministeriums scheinen die
Bestimmungen des in Wien ausgehandelten Wassenaar-Abkommens ad absurdum zu
führen. Diese sehen vor, daß Kryptografie-Software über 64 Bit
Schlüssellänge nicht mehr ausgeliefert werden darf. 33 Staaten haben das von
der US-Regierung angestrengte Abkommen unterzeichnet.
Die überraschende Neuregelung der Exportbestimmungen hat der Firma
Watchguard Technologies als erstem amerikanischen Krypto-Unternehmen ein
verspätetes Weihnachtsgeschenk eingebracht. Das Bureau of Export
Administration (BXA), eine Abteilung des US-Wirtschaftsministeriums,
erteilte dem Anbieter von Sicherheitsanwendungen für das Internet die
Genehmigung zur Ausfuhr des "WatchGuard Security System" an Kunden außerhalb
der Vereinigten Staaten. Das Produkt chiffriert Nachrichten mit einem 56 Bit
langen Schlüssel.
Das "Watchguard Security System" ist eine Sicherheitslösung auf
Subskriptionsbasis mit einer integrierten Firewall, Virtual Private Network
(VPN), und der Möglichkeit des automatischen Updates. Es wurde speziell für
kleine und mittlere Betriebe entwickelt, denen die technischen Ressourcen
fehlen, um eine Host-basierte Firewall zu installieren. Das System kostet
4995 Dollar und umfaßt die Watchguard Firebox, Firewall,
Anwender-Identifizierung, VPN, Security Management Software und ein
sechsmonatiges Abo für Watchguard Live Security. Die 56-Bit-Version soll ab
1. Februar 1999 für den Export erhältlich sein. (pte/ZDNet)