Wien - Für Verwunderung sorgte bei den Interessengemeinschaften der Künstler die am Freitag präsentierte "Erfolgsbilanz" von Kunststaatssekretär Franz Morak (VP) bezüglich des Künstlersozialversicherungsfonds (KSVF): Das neue System - gewährt wird lediglich ein Zuschuss zur Pensionsversicherung - beurteilen sie als "unangemessen bis schlecht". Zudem schließen die Interessenvertreter nicht "auf eine breite Annahme des Systems durch die Basis", wie Morak die hohe Zahl der gestellten Anträge deutete.

Die Anhebung des Zuschusses von 872 auf 1000 Euro im Jahr sei bloß ein "kosmetisches Pflaster", meint Sabine Kock, Geschäftsführerin der IG freie Theater. Daniela Koweindl (IG Bildende Kunst) freut sich zwar über Moraks Eingeständnis an Handlungsbedarf in diesem Bereich, gibt aber zu bedenken, "dass man von der geforderten gesetzlich geregelten Künstlersozialversicherung und einer damit verbundenen Grundsicherung noch weit entfernt" sei.

Maria Anna Kollmann vom Dachverband der Filmschaffenden sieht nach drei Jahren "ihre schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet": Besonders gravierend sei die Situation beim Nachwuchs sowie im Bereich des Avantgarde- und Experimentalfilms. Der von KSVF-Geschäftsführer Leo Popp behaupteten "hohen sozialen Treffsicherheit des Fonds" stünden etliche soziale Härtefälle gegenüber. "Wenn erst ein Brotjob die künstlerische Betätigung ermöglicht", kritisiert Gerhard Ruiss von der IG Autoren, "dann müssen noch immer Beiträge an unterschiedliche Kassen abgeführt werden." Auch ein Krankheitsfall könne "zu einer Existenzfrage werden, wenn man für sich nicht genug Rücklagen geschaffen" habe.

Zur Verbesserung der Existenzsicherung forderte die Kulturpolitische Kommission, ein von Ruiss gegründeter IG-Zusammenschluss, u. a. eine Ausweitung der Zuschüsse des KSVF auf alle Versicherungszweige und die Aufhebung der Mindestverdienstgrenze. Denn um Ansprüche geltend machen zu können, muss der Künstler heuer zumindest 3794,28 Euro verdienen. Wird diese Grenze unterschritten, hat der Fonds die Möglichkeit, bereits geleistete Zuschüsse zurückzufordern.

"Als Härtefall" sieht Ruiss die gesamte Literatur: "Die besondere Problematik der Bewertung der Eigenschaften von dem, was Kunst und was nicht Kunst ist, zeigt sich besonders bei der Messung der Qualität literarischer Arbeit." Wer keinen Abschluss einer künstlerischen Ausbildung vorweisen kann, muss sich in seiner Eigenschaft als Künstler vor einer Fachkurie bestätigen. "Das stellt den Künstler unter den Druck eines permanenten Erfolgsnachweises."

Die Erfahrungen der letzten Jahre liefern die Grundlage für die vom Morak-Büro angekündigten weiteren Gespräche zum KSVF. Für die Zukunft erhoffen sich die IGs "eine echte und vor allem couragierte Sozialpolitik für Künstler". Das angestrebte Ziel ist laut Gerhard Ruiss "leider noch viele Stufen entfernt".

Die Grünen warten gespannt auf die Beantwortung ihrer kürzlich eingebrachten parlamentarischen Anfrage: Sie stellten Bundeskanzler Wolfgang Schüssel insgesamt 128 Fragen zur Künstlersozialversicherung. (Jan Marot/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12. 1. 2004)