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Der österreichische Meersbiologe Hans Hass feiert am 23. Jänner 2004 seinen 85. Geburtstag (Archivbild 1998).

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Wien - Auch wenn Hans Hass bis heute mit Engelsgeduld Fragen über Haie oder ganz allgemein über das von ihm mit begründete Sporttauchen beantwortet und seine Erlebnisse zum Besten gibt - eigentlich hat er die Taucherei als Hauptberuf vor über 40 Jahren an den Nagel gehängt. Dass er in der Öffentlichkeit auch zu seinem 85. Geburtstag am 23. Jänner immer noch als Österreichs Parade-Unterwasserforscher gilt, liegt nicht zuletzt daran, dass Hass in der zweiten Hälfte seines Berufslebens - als Theoretiker - die Anerkennung in der wissenschaftlichen Welt versagt blieb.

Xarifa-Expeditionen

Dabei legte er etwa mit seinen privat auf die Beine gestellten Xarifa-Expeditionen einigen Wissenschaftern den Grundstein für herausragende Karrieren. Wie im Buch "Forschungsschiff Xarifa" dokumentiert, nutzte etwa der spätere Humanethologe Irenäus Eibl-Eibesfeldt die Xarifa-Reisen für nicht weniger als 41 wissenschaftliche Veröffentlichungen. Hass selbst wurden zwar jede Menge Ehrenbezeugungen zuteil, eine neue Fischart erhielt den Namen "Xarifania hassi", die Zahl der Publikationen des Expeditionsleiters selbst lässt sich jedoch an einer Hand abzählen. Hass war mit organisatorischen Dingen beschäftigt und hatte nicht zuletzt für das Zustandekommen jener Filme und Bücher zu sorgen, die das Unternehmen finanzieren sollten.

Bücher vs. Fachzeitschriften

Nach 1960, als er sich der Theoretischen Biologie zuwandte, blieb Hass bei seinen Gepflogenheiten. Er verfasste Bücher über seine Arbeiten und Theorien, während Aufsätze in wissenschaftlichen Fachzeitschriften eher die Ausnahme blieben. Dies ist nach Ansicht von Beobachtern auch der Knackpunkt, warum Hass' Energontheorie in der wissenschaftlichen Welt praktisch nie ernsthaft diskutiert wurde. Was nicht sauber in einer einschlägigen Zeitschrift veröffentlicht wird, ist aus Sicht eines Wissenschafters nicht vorhanden. Bücher haben da bei weitem nicht den gleichen Stellenwert.

In seinem 1970 erschienenen Werk "Energon - Das verborgene Gemeinsame" vergleicht Hass etwa Fabriken mit Organismen. "Beides sind arbeitsteilige Systeme, die Mitarbeiter einer Fabrik erfüllen ähnlich wie Organe im Körper Spezialaufgaben", so der Biologe. Auch im "rücksichtslosen Konkurrenzkampf" sieht Hass eindeutige Parallelen zwischen Natur und Wirtschaft und führte deshalb für energieerwerbende Systeme, egal ob natürlicher oder künstlicher Herkunft, den Begriff "Energon" ein.

Wirtschaft

Mit seinen Erkenntnissen hat Hass vor allem in Wirtschaftskreisen Aufsehen erregt. So leitete er Seminare für Managementstrategie und betätigte sich als erfolgreicher Unternehmensberater. Die Missachtung der Energon-Theorie durch die Wissenschaft führt Hass selbst darauf zurück, dass die Theorie Elemente aus den verschiedensten Wissenschaftszweigen vereint. Dies widerspreche der Struktur der heutigen Wissenschaft und ihrem hohen Grad an Spezialisierung.

Biografie

Hans Hass wurde am 23. Jänner 1919 in Wien als Sohn eines Rechtsanwalts geboren. Seine Leidenschaft für die Taucherei begann 1937, als der achtzehnjährige, frisch gebackene Maturant an der französischen Riviera mit dem Tauchsport in Berührung kam. Dies bedeutete damals nicht viel mehr, als sich mit einer einfachen Perlenfischer-Brille vor den Augen und mit einem langen Speer bewaffnet auf Unterwasser-Fischpirsch zu begeben. Dennoch war der Grundstein für seinen weiteren Lebensweg gelegt.

Hass sollte ursprünglich seinem Vater in die Anwaltskanzlei zu folgen, brach nach zwei Semestern aber das Jus-Studium ab und sattelte auf Zoologie um. Bis zu seiner Promotion an der Berliner Friedrich-Wilhelm- Universität im Jahre 1943 hatte Hass schon mehrere Bücher verfasst, darunter "Jagd unter Wasser mit Harpune und Kamera" (1939) oder "Unter Korallen und Haien" (1941). Doch schon bald vertauschte er die Harpune mit der Kamera: Ein Wiener Kunstschlosser hatte nach seinen Anweisungen die Umhüllung für seine erste Unterwasserkamera angefertigt.

Tauchgerät

Auch die Entwicklung eines Tauchgerätes ließ nicht lange auf sich warten. 1941 war Hass erstmals frei vom ständigen Zwang, an die Oberfläche schwimmen zu müssen, um Luft zu schöpfen. "Ich wollte mich wie ein Fisch unter Fischen bewegen", so der Meeresforscher. Im Gegensatz zu seinem ewigen Konkurrenten, dem verstorbenen französischen Meeresforscher Jacques-Yves Cousteau, der Preßluft-Geräte entwickelte, versuchte sich Hass mit geschlossenen Sauerstoff-Kreislauf-Geräten. Diese sind zwar lediglich in geringen Tiefen für den Menschen verträglich - Hass tauchte damit nach eigenen Angaben bis auf 25 Meter - haben aber den Vorteil, dass sie keinerlei Ausatemluft ins Wasser blasen.

Völlig geräuschlos konnte sich der Forscher den Fischen nähern, um sie zu fotografieren. Auch für wissenschaftliche Beobachtungen erwies sich die blasenfreie, künstliche Lunge als unschätzbarer Vorteil.

Zur weltweiten Legende wurde Hass durch seine zum Großteil selbst finanzierten Forschungsreisen. Drei abendfüllende Kinofilme und zahllose Vorträge auf der ganzen Welt spielten die Kosten unter anderem für zwei Expeditionen mit dem aufwändig und eigens für wissenschaftliche Zwecke adaptierten Schoner "Xarifa" ein. Von Anfang an mit der Partie war stets seine Assistentin und spätere Frau Lotte Bayerl.

Kämpfer gegen die Umweltzerstörung

In den späteren Jahren entwickelte sich Hass mehr und mehr zum Kämpfer gegen die Umweltzerstörung. Er wandte sich in einem Manifest an alle Sporttaucher gegen die Unterwasserjagd, die er einst selbst betrieben hatte. Die Jagd mit "Unterwasser-Gewehren" sei unsportlich und bedrohe inzwischen die marinen Ökosysteme an den Küsten. Dennoch sieht Hass die große Menge an Sporttauchern, die heute Meere und Seen bevölkern, durchaus positiv. Denn sie hätten durch die unmittelbare Beobachtung natürlicher Lebensräume in der Regel ein hohes Maß an Umweltbewusstsein. Und Bewusstsein in der Bevölkerung ist für Hass die beste Voraussetzung für die Erhaltung intakter natürlicher Lebensräume.

1977 erhielt der Wiener den Professorentitel und 1987 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien verliehen. Im März 1998 wurde Hass mit der höchsten heimischen Auszeichnung für Wissenschafter, dam Österreichischen Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, ausgezeichnet.

Energon-Theorie

Die in den sechziger Jahren von Hass entwickelte Energon-Theorie steht im Mittelpunkt des 1999 gegründeten "Internationalen Hans Hass-Instituts für Energon-Forschung". Es ist am Institut für Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsforschung der Universität Wien angesiedelt und versteht sich als multidisziplinäre Einrichtung.

Das Energon-Institut besteht unter anderem aus einem Dokumentationszentrum für die bisherigen Forschungen von Hass. Daneben sollen aber auch weiterführende Projekte gestartet werden, welche durchwegs im Zeichen der Interdisziplinarität stehen sollen. Viele Schriften von Hans Hass zum Thema "Energon" sind auch im Internet unter der Adresse http://www.hans-hass.de im Volltext zugänglich. (APA)