Wien - Für ÖGB und Arbeiterkammer werden Unternehmen bei der Steuerreform bevorzugt. "Von einer Entlastung für alle kann keine Rede sein", kritisierte AK-Präsident Herbert Tumpel (S) am Dienstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch (S).

Rechne man die Belastungen durch die 2004 erhöhten Energiesteuern mit ein, bleibe bei mittleren Einkommensbeziehern unterm Strich sogar ein Minus, argumentieren sie. Zudem kämen zwei Drittel der gesamten Netto-Entlastung der Jahre 2004 und 2005 den Unternehmen zu gute.

ÖGB und Arbeiterkammer haben die Be- und Entlastungen durch die Steuerreformen 2004 und 2005, die Konjunkturpakete sowie durch Beitragserhöhungen in der Sozialversicherung auf Arbeitnehmer und Pensionisten einerseits, sowie Unternehmen andererseits aufgerechnet.

Keine gleichmäßige Aufteilung

Ergebnis: Einer Netto-Entlastung der Arbeitnehmer von 975 Mio. Euro steht demnach eine Entlastung der Unternehmen von 2,015 Mrd. Euro gegenüber. Eine gleichmäßige Aufteilung der Entlastungen auf Arbeitnehmer und Unternehmen gebe es also nicht, kritisiert Tumpel.

Keine Freude haben die beiden SP-Politiker auch mit der Senkung der Körperschaftssteuer und der begünstigten Gruppenbesteuerung für Konzerne. Ihrer Meinung nach wären durch eine umfangreichere Investitions- und Forschungsförderung sowie durch eine stärkere Entlastung der mittleren Einkommen weit größere Konjunkturimpulse möglich gewesen.

Gerade die 650.000 Einkommensbezieher zwischen 1.850 und 2.290 Euro brutto monatlich würden durch die Steuerreform 2005 aber nur in geringem Ausmaß von unter 20 Euro monatlich profitieren.

Mehrbelastung

Rechne man alle seit 2000 erfolgten Steuer-, Gebühren- und Beitragserhöhungen mit ein, drohe für eine durchschnittliche Arbeitnehmerfamilie mit zwei Berufstätigen unterm Strich überhaupt eine Mehrbelastung von rund 990 Euro jährlich.

Zudem werde durch die Senkung der Lohnsteuer im Jahr 2005 nur die "kalte Progression" (also der automatische Anstieg der Lohnsteuersumme) seit 2000 ausgeglichen. Insgesamt seien Arbeitnehmer von der Regierung seit 2000 mit 600 Mio. Euro belastet, die Wirtschaft aber um eine Milliarde Euro entlastet worden, rechnen AK und ÖGB vor.

Verhandlungen gefordert

Wenn die Regierung tatsächlich einen "großen Wurf" wolle, dann müsse sie sich auf Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern einlassen, fordert Verzetnitsch. AK und ÖGB verlangen eine Entlastung der Arbeitnehmer um mindestens zwei Mrd. Euro durch höhere Negativsteuern für kleine Einkommen und eine spürbare Entlastung der mittleren Einkommen.

Ob man die unterschiedliche Behandlung von Alleinverdiener- und Doppelverdiener-Familien bei den Kinderabsetzbeträgen beim Verfassungsgerichtshof anfechten wird, ließen Tumpel und Verzetnitsch offen. Dies werde vom konkreten Gesetzesentwurf abhängen.

In Sachen Körperschaftssteuer (KöSt) fordert Verzetnitsch ein Ende des "tödlichen europäischen Steuerwettbewerbs". Schließlich könne Österreich nicht einfach folgen, wenn beispielsweise die Slowakei ihre Unternehmensbesteuerung nun als Reaktion auf die österreichische KöST-Senkung weiter absenken würde. (APA)