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SPÖ-Chef Gusenbauer musste für seinen Vorschlag, Zuwandererkinder zum Kindergarten-Besuch zu verpflichten, parteiinterne Kritik einstecken

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Wien - Einen Drei-Stufenplan zu Bekämpfung von Leseschwächen bei österreichischen Kindern präsentierte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer Mittwoch Abend in einem Interview mit der "ZiB 2". Ausgangspunkt ist die Pisa-Studie, die fünf Prozent der 15-Jährigen hier zu Lande als Analphabeten und 15 Prozent als leseschwach ausweise, so der SPÖ-Chef.

Zwei Problemgruppen hätten sich dabei herauskristallisiert: einerseits die steigende Anzahl von Legasthenikern, andererseits Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache. Deren Situation habe sich durch die Reduktion der Integrationsklassen unter Schwarz-blau verschlechtert. Hier müsse man sich nun fragen, was man dagegen unternehmen könne.

Kindergarten für alle Kinder

Schritt Nummer eins: man müsste allen Kindern - also auch den Kindern von Zuwanderern - die Möglichkeit geben, in den Kindergarten zu gehen. Zweitens sollte das letzte Jahr im Kindergarten ähnlich wie eine Vorschulklasse geführt werden, so dass bereits spielerisch mit Leseprogrammen begonnen werden könne. Und drittens werde eine größere Anzahl von Ganztagsschulen benötigt.

Verpflichtung zum Kindergartenbesuch ...

Nicht mehr festlegen lassen wollte sich der SPÖ-Chef in der "ZiB 2" auf die SPÖ-Forderung nach einem verpflichtenden Kindergartenbesuch für Kinder von Zuwanderern, wie er es in der "ZiB 1" formuliert hatte. Bei seinem Vorschlag handle es sich um "ein Gesamtpaket", um Kindern in Österreich bessere, gleiche und gerechte Chancen anzubieten. Wenn dieses Gesamtpaket allerdings nicht funktioniere, dann müsste man sich um andere Maßnahmen umsehen.

Konkret sagte Gusenbauer dazu gegenüber dem ORF-Fernsehen in der ZiB1: "Wenn das alles nichts nützt, muss man sich auch überlegen, das verpflichtend durchzuführen." Kinder, die mit sechs Jahren in die Schule kämen und noch nicht Deutsch könnten, hätten womöglich ein Leben lang Nachteile daraus.

... wäre verfassungswidrig

Einem Einwand des Verfassungsexperten Heinz Mayer, der eine Verpflichtung zum Kindergartenbesuch für Zuwanderer-Kinder in einem "ZiB 2"-Beitrag als verfassungswidrig bezeichnete, konterte Gusenbauer mit einem "das nehme ich nicht allzu gravierend". Befrage man drei Verfassungsexperten, erhalte man vier Meinungen.

Kritik muss sich der SPÖ-Chef indessen vor seinen Verpflichtungs-Vorstoß in der "ZiB 1" auch parteiintern gefallen lassen. So meinte der Wiener SP-Integrationspolitiker Omar Al Rawi, seine Linie sei es, mit Anreizen und Angeboten etwas zu erreichen, "ich halte nichts von Zwang". Und der Grüne Dieter Brosz meinte, er halte die konkrete Idee Gusenbauers für "weniger gut", wenn es Frühförderung gebe, "dann für alle Kinder, auch die österreichischen". So kann er sich eine "Kernzeit" im Kindergarten vorstellen, die von allen besucht werden könne. (APA)