Foto: Doris Löffler
Bombay - Am Mittwoch fand das Weltsozialforum in Bombay mit einer großen Demonstration seinen Abschluss. Hunderttausend Menschen setzten sich in den letzten sechs Tagen für eine positive, nachhaltige und gerechte Zukunft ein. Sie wollen die wichtigen Zukunftsfragen, die das Leben so vieler Menschen massiv beeinflussen, nicht länger den Mächten der Finanzwelt von Davos überlassen.

Seit dem Jahre 2001 hat das jährlich stattfindende und mittlerweile militärisch komplett überwachte Weltwirtschaftforum in Davos durch das Weltsozialforum Konkurrenz bekommen - durch eine Veranstaltung, die auf ihre Weise viel eher das Recht beanspruchen kann, die ganze Welt, und zwar die wirkliche, zu vertreten.

Ein Podium für viele Anliegen

Das Weltsozialforum ist kein vorrangiger Ort der politischen Prominenz und der großen RednerInnen. Verschiedenste grass-roots Bewegungen, Frauenorganisationen, Gewerkschaften, die einheimische Bevölkerung und selbst die als "die Kaste der Unberührbaren" bekannten Dalits fanden hier in Bombay ein Podium für ihre Anliegen. Zwar wurde das Kastenwesen in Indien 1955 offiziell aufgehoben, dennoch ist das System praktisch intakt, wie VertreterInnen der Dalits berichteten. Mit Ketten an ihren Füßen marschierten Hunderte "Unberührbare" durch Bombay.

Diverse Women for Diversity

Eines der vielen internationalen Frauennetzwerke fand sich unter dem Namen "Diverse Women for Diversity" zusammen. Vandana Shiva (Indien) und Maria Mies (Deutschland), die schon 1993 in ihrem gemeinsamen Buch "Ökofeminismus" auf die Auswirkungen der Globalisierung auf Frauen aufmerksam machten, waren nur zwei der vielen internationalen Aktivistinnen.

Vandana Shiva stellte das Netzwerk "Diverse Women for Diversity" vor, das für die Erhaltung und Wiederherstellung von kultureller und biologischer Vielfalt eintritt sowie für Souveränität im Bereich Nahrung, Saatgut und vor allem in der Versorgung mit Wasser. Frauen sind am ersten und am meisten betroffen von der unmittelbaren Bedrohung ihrer Lebensgrundlagen durch die Politik der Deregulierung, Globalisierung und Privatisierung, insbesondere durch den Ausverkauf von Wasser. Frauen, die versuchen, von verkauften Flüssen Wasser zu schöpfen, ihre Wäsche zu waschen oder Tiere zu tränken, werden als Wasserdiebinnen verhaftet.

Die wahren Wasserdiebe

Privatisierung von Wasser und deren Auswirkung war eines der Hauptthemen in Bombay und beim Wassergipfel, der zuvor im Jänner in Delhi stattgefunden hatte. Abgesehen vom Raub der Flüsse durch multinationale Unternehmungen, wie z.B. durch die französische Firma Suez, wird darüber hinaus allgemeines Grundwasser gestohlen oder vergiftet.

Das Coca Cola-Werk in Kerala, im Südwesten Indiens, verbraucht soviel Grundwasser, dass eine einst reiche Gegend vertrocknet. Brunnen bleiben weit um die Fabrik wasserlos und Flüsse versickern. Sauberes Wasser wird u.a. durch Coca Cola in Wasserflaschen gefüllt und am Weltmarkt verkauft, während die giftigen Abwässer vor Ort für die Bevölkerung zurückbleiben.

Allgemeingut wird gestohlen, das Ökosystem geschädigt - ohne Chance auf Reparatur. Einmal versiegte Flüsse bleiben für immer trocken.

Wie geht es mit dem Welthandel unmittelbar weiter?

Mit dem General Agreement on Services (GATS) werden sämtliche Privatisierungen, die jetzt noch rückgängig gemacht werden könnten, nicht mehr umkehrbar. Es ist daher nach wie vor wichtig, dass der Widerstand gegenüber dem GATS aufrechterhalten bleibt. Allerdings mit dem Bewusstsein, dass die USA und Europa nach den gescheiterten Verhandlungen in Cancun wahrscheinlich auf bilaterale Verträge und regionale Freihandelszonen ausweichen werden.

Stimmung gegen USA

Auf zahlreichen Veranstaltungen wurde massive Kritik an der US-Regierung laut. Sei es im Bezug auf den Irakkrieg und dem "Ausverkauf" des Iraks selbst, wegen der Verseuchung von ganzer Regionen und ihrer EinwohnerInnen (z.B. in Ex-Jugoslawien, Afghanistan und im Irak) durch radioaktive Munition und schlussendlich wegen der Auswirkungen der US-Handelspolitik auf die restliche Welt.

Interessen werden schonungsloser als je zuvor – z.B. gegenüber muslimischer Menschen, gegenüber kritischer Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und gegenüber anderer Staaten - unter dem Deckmantel "national security" durchgesetzt.

Amnesty International zeigte sich am Weltsozialforum wegen Menschenrechtsverletzungen, begangen von amerikanischen und britischen Soldaten an irakischen Gefangenen, besorgt. Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi forderte alle Länder auf, ihre Beziehungen zur US-Regierung neu zu überdenken.

Gewerkschaften

Die Gewerkschaftsbewegung forderte am Weltsozialforum internationale Verhaltensregeln für Unternehmen. Diese Regelungen müssen rechtlich bindend sein und sollen Firmen per Kontrolle zum fairen Handeln und zur Einhaltung von Arbeitsrechten verpflichten.