Prozessauftakt um den Brand der Sofiensäle, die am 16. August 2001 ein Raub der Flammen wurden und seither als verkommene Ruine ein tristes Dasein führen: Während Staatsanwalt Karl Windisch am Dienstag im Bezirksgericht Wien-Innere Stadt einem 42-jährigen Dachdeckermeister sowie einem 51-jährigen Arbeiter fahrlässige Herbeiführung einer Feuersbrunst vorwarf, tippte die Bürgerinitiative "Rettet die Sofiensäle" auf "klassische Brandstiftung". Zur Untermauerung dieser These wurden Angaben bisher gerichtlich nicht vernommener Zeugen präsentiert.

Sorgfaltspflicht

Die Anklage legte den beiden Beschuldigten zur Last, am Pultdach über dem Kongresssaal die nötige Sorgfalt außer Acht gelassen zu haben. Dem Dachdeckermeister wurde angekreidet, die Arbeiten angeordnet zu haben, obwohl das Holzgebälk und der Dachstuhl leicht entflammbar waren. Darüber hinaus seien keine Maßnahmen getroffen worden, um im Fall des Falles Flammen rasch eindämmen zu können.

Seinem mitangeklagten Arbeiter lastete der Anklagevertreter an, beim Anbringen von Dachpappe mit dem Flämmgerät nicht vorsichtig genug vorgegangen zu sein. Seit 30 Jahren ist der Mann auf Dächern im Einsatz. Im Fall der Sofiensäle hielt er als Brandschutzmaßnahme das Bereitstellen von zwei Wassereimern für ausreichend, da er nur kleinflächige Flämmarbeiten zu verrichten hatte. Das Abdecken des Umfelds mit feuchten Planen erschien ihm "nicht notwendig".

"Ganz wenig Rauch"

Plötzlich habe er "ganz wenig Rauch, wie wenn einer Zigaretten raucht" bemerkt, erinnerte er sich vor Richterin Sabine Kandera. Es habe auch nach "leichtem Rauch" gerochen: "Da hab' i das Wasser einig'leert." Er und einige Kollegen hätten auch insgesamt sechs Feuerlöscher verbraucht. So einen habe er vorher zwar noch nie in der Hand gehabt, "aber es steht eh drauf, wie das geht."

"Hat es funktioniert?", wollte die Richterin wissen. "Das sieht man ja net. Das kann i net sag'n", erwiderte der Arbeiter, der sich zur Anklage "nicht schuldig" bekannte.

Auch sein Chef war sich keiner Schuld bewusst. Er habe seinen Leuten eingeschärft: "Besonders aufpassen!" - "Das Dach war ja schon relativ weich als Ganzes", erläuterte der Unternehmer.

"Möglichst günstig"

Bei der Vergabe der Arbeiten sei an ihn folgender Wunsch herangetragen worden: "Möglichst günstig, damit man zwei bis drei Jahre übertauchen kann." Dann hätte es wahrscheinlich eine umfassende Renovierung gegeben, mutmaßte der Firmenbesitzer.

Den Vorwurf, die nötigen Vorsichtsmaßnahmen nicht im Auge gehabt zu haben, wies er zurück. Pläne der Dachkonstruktion habe er nicht einsehen können, "weil es keine gegeben hat". Eine Brandwache sei nicht in Frage gekommen, "weil da kein Zugang war".

Vertagt

Ob man die Dachpappe unbedingt mittels Flämmen anbringen habe müssen oder es nicht auch andere, ungefährlichere Methoden gegeben hätte, wollte die Richterin wissen. "Das war meines Erachtens nicht erforderlich. Da war ja noch alte Dachpappe vorhanden, als untere Schicht sozusagen, und dadurch war das Holz geschützt", meinte der Dachdeckermeister.

Die Verhandlung musste im Hinblick auf die Vielzahl der geladenen Zeugen vertagt werden. Der nächste Termin steht zwar noch nicht fest, die Richterin kündigte aber an, sie werde "rasch weiter machen". (APA)