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Die Ausgaben der Union auf ein Prozent des Bruttonationaleinkommens zu begrenzen, "stellt die Welt auf den Kopf", meint Jacques Delors.

Foto: APA/EPA/John Sawyer
Brüssel - Die Erweiterung der Europäischen Union um zehn Länder am 1. Mai kommt nach Ansicht des früheren EU-Kommissionspräsidenten Jacques Delors viel zu früh. "Kein einziger Kandidat ist bereit, beizutreten", sagte Delors der Brüsseler Tageszeitung "De Morgen" vom Mittwoch. Man dürfe nicht vergessen, dass die beitretenden Länder im Durchschnitt derzeit nur ein Drittel des Lebensstandards in der bestehenden Gemeinschaft erreichten.

Kritik am Sparkurs: "Das stellt die Welt auf den Kopf"

Der ehemalige französische Wirtschafts- und Finanzminister Delors, der die Kommission von 1985 bis 1995 führte, kritisierte zugleich die Vorbereitung der EU-Bürger auf die Erweiterung. Die verantwortlichen Politiker hätten "auf diesem Feld viele Fehler gemacht". Es sei angesichts der zusätzlichen Aufgaben auch falsch, die Ausgaben der Union auf ein Prozent des Bruttonationaleinkommens zu begrenzen, wie die sechs größten Nettozahlerländer dies fordern. "Das stellt die Welt auf den Kopf", sagte Delors der Zeitung.

Arbeit an gemeinsamer Eindwanderungspolitik wertet er als "echten Fortschritt"

Als "echten Fortschritt" wertete Delors die Arbeit der EU an einer gemeinsamen Einwanderungspolitik: "Das ist ein nicht zu vernachlässigender Erfolg." Der Ansatz der EU-Staaten, wichtige Fragen auf Regierungsebene zu lösen, stoße allerdings an seine Grenzen. Wenn die Regierungen nicht die Gemeinschaftsinstitutionen arbeiten lasse, "dann hat man eine europäische Freihandelszone". Diese Gefahr rücke näher: "In 15 Jahren sind wir so weit."

Favorisiert als Prodi-Nachfolger Juncker, Verhofstadt und Dehaene

Als Nachfolger für den scheidenden Kommissionspräsident Romano Prodi hält dessen Amtsvorgänger den luxemburgischen Premierminister Jean-Claude Juncker, den belgischen Regierungschef Guy Verhofstadt oder dessen Vorgänger Jean-Luc Dehaene für geeignet: "Alle drei Kandidaten sind gut", sagte der Sozialist Delors in dem Interview. Dass Verhofstadt ein Liberaler und kein Christdemokrat sei, dürfe nicht gegen ihn ausgelegt werden: "Er würde es gut machen." (APA/dpa)