Ein Poncho gegen Wind und Wetter: Die Designer von Replay haben sich bereits auf härtere Zeiten eingestellt.

Foto: Hersteller

Gaetano Sallorenzo ist seit Mai 2008 CEO von Replay. Zuvor arbeitete er für CK Jeanswear, Armani und Benetton.

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DER STANDARD: Wie wirken sich die Börsen-Turbulenzen auf den Modemarkt aus?

Gaetano Sallorenzo: Die Modeindustrie basiert in Italien auf kleinen und mittleren Betrieben. Bekommen sie keine Kredite mehr, dann sieht die Lage für sie düster aus. Die Frage für Unternehmen wie uns, also Unternehmen mit einem guten Cashflow, ist eher, inwieweit sich die Krise auf das Konsumverhalten auswirken wird.


DER STANDARD: Luxuskonzerne trotzen erstaunlich gut der Krise, ja vielen geht es ausgezeichnet. Ein Widerspruch?

Sallorenzo: Reden wir 2009 weiter. Derzeit schlägt die Krise noch nicht auf das Konsumverhalten durch. Aber ich denke, dass sich Luxusprodukte gut halten werden. Große Schwierigkeiten werden jene Firmen kriegen, die im mittleren Preisniveau angesiedelt sind und deren Identität nicht gefestigt ist.


DER STANDARD: Schon jetzt geht es Zara und Louis Vuitton wirtschaftlich hervorragend.

Sallorenzo: Dieses Phänomen wird sich verstärken. Wer jetzt mittelprächtig verdient, wird entweder bald Geld für Luxusgüter haben oder sich - was wahrscheinlicher ist - am Massenmarkt umsehen. Die Mitte wird verschwinden.

DER STANDARD: Replay befindet sich in der Mitte.

Sallorenzo: Unsere Jeans kosten 150 Euro, damit befinden wir uns nicht in der Mitte.


DER STANDARD: Wer wird bald noch so viel Geld für Jeans ausgeben?

Sallorenzo: Es geht darum, Produkte mit Werten zu koppeln. In den Neunzigern hat sich alles verkauft, was cool war. Heute ist das anders: Qualität ist mindestens genauso wichtig. Nur wenn auch sie passt, sind Menschen bereit, dafür entsprechend viel Geld auszugeben.

DER STANDARD: Das widerspricht dem Erfolg vieler Luxushersteller. Sie bauen oft stärker auf Marketing als auf die Produkte.

Sallorenzo: Die Konsumenten werden immer pragmatischer. Wer ein Paar Schuhe um 1000 Euro kauft, will nicht nur einen großen Markennamen haben, sondern auch Qualität.


DER STANDARD: Wie können Firmen wie die Ihre die Qualität garantieren, wenn sie große Teile der Produktion in Billiglohnländer ausgelagert haben?

Sallorenzo: Qualität betrifft nicht nur die Produktion, sie betrifft genauso das Design, den Vertrieb, das Marketing. Es ist in erster Linie wichtig, den intelligenten Teil der Herstellung zu kontrollieren, der manuelle Teil der Fertigung kann auch von anderen gemacht werden.


DER STANDARD: Gerade im Luxussektor ist das Etikett "Made in Italy" wichtig. Mit der Linie "We are Replay" stoßen sie in ihn vor. Eine reine Imagegeschichte?

Sallorenzo: In der Mode ist es wie in der Autoindustrie. Es gibt Ferraris im Rennstall und jene, die auf der Straße fahren. "We are Replay" ist für uns ein Laboratorium. Hier testen wir Innovationen, die später in unserer Hauptlinie eingesetzt werden.


DER STANDARD: Das hört sich nach einem Verlustgeschäft an.

Sallorenzo: Geld verdienen wir damit keines.


DER STANDARD: Inwieweit sind Experimente in der derzeit angespannten Situation noch sinnvoll?

Sallorenzo: Gerade jetzt sind sie sinnvoll. Viele Unternehmen gehen auf Nummer sicher und vergessen, dass man sich von seinen Mitbewerbern unterscheiden muss, um erfolgreich zu sein. Derzeit schauen viele Werbekampagnen zum Verwechseln ähnlich aus. Das ist ein Fehler. Als zum Beispiel Galliano bei Dior engagiert wurde, war das sehr mutig - aber auch notwendig.


DER STANDARD: In Ihrem Unternehmen fehlt eine solch starke Designerhandschrift.

Sallorenzo: Wenn man für junge Konsumenten designt, muss man am Puls der Straße sein. Da ist es vernünftiger, man vertraut auf ein starkes Team. Wir sind aber derzeit auf der Suche nach einem Teamchef.


DER STANDARD: Inwieweit beeinflussen finanzielle Überlegungen das Design?

Sallorenzo: Ich mische mich so gut wie gar nicht ein. Es gibt Richtlinien, an die sich die Designer halten müssen. Ob Jeans schmaler oder breiter geschnitten werden, das interessiert mich nicht. (Stephan Hilpold/Der Standard/rondo/24/10/2008)