Das stählerne Drehgestell des Tourbillon ist fast 20 mm groß.

Foto: Hersteller

In ihm schwingt das komplett hausgemachte Duo aus Unruh und Unruhspirale mit gemächlichen 2,5 Hertz. Das sind pro Stunde nur 18.000 Halbschwingungen.

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Tourbillon bedeutet auf Deutsch nichts anderes als Wirbelwind. Das Angebot an konventionellen Vertretern dieser Spezies Zeitmesser, welche den negativen Einflüssen der Schwerkraft in senkrechter Lage durch ihr beständig rotierendes Schwing- und Hemmungssystem ein Schnippchen schlägt, ist heutzutage unüberschaubar. Der Grund dafür sind computergesteuerte Fertigungstechniken.

Doch es geht auch anders, wie Montblanc beweist. Vor elf Jahren präsentierte die Schreibgeräte-Manufaktur aus Hamburg ihre erste Uhrenkollektion. Spötter fragten damals, wo man da denn die Tinte einfülle. Mit Blick auf das, was sich gerade bei Montblanc tut, dürften Lästermäuler schnell verstummen.

In der Juragemeinde Villeret erstrahlt das Firmengebäude des altehrwürdigen Chronografenfabrikanten Minerva, der im Oktober 2008 seinen 150. Geburtstag feiern kann, nach umfassender Renovierung und Erweiterung in neuem Glanze. Am Eingang des Richemont-Mitglieds steht nur der Name "Institut Minerva de Recherche en Haute Horlogerie", was auf gut Deutsch "Minerva Institut zur Erforschung der hohen Uhrmacherkunst" heißt. Die hiesigen Aktivitäten gereichen speziell den Montblanc-Uhren zur Ehre.

Handarbeit nach alter Väter Sitte

Die Handwerker huldigen beim Herstellen des neuen "Grand Tourbillon Heures Mystérieuses" dem hehren Prinzip der Entschleunigung. Handarbeit nach alter Väter Sitte wird groß geschrieben. Beim Anglieren und Polieren der Stahlteile sind elektrisch angetriebene Maschinen untersagt. Die Hände führen antiquiert wirkende Werkzeuge, welche sich die Uhrmacher teilweise selbst zurichten. So ist jedes Teil schon bei der Fertigung ein Unikat.

Technisch hat der Meister-Uhrmacher Dimitri Capiddu ein OEuvre konzipiert, das in der aktuellen Tourbillonszene einzigartig ist. Das stählerne Drehgestell des Tourbillon ist fast 20 mm groß. In ihm schwingt das komplett hausgemachte Duo aus Unruh und Unruhspirale mit gemächlichen 2,5 Hertz. Das sind pro Stunde nur 18.000 Halbschwingungen.

Bei der Zeitanzeige staunt der Laie, denn die Zeiger für Stunden und Minuten rotieren vor einem Spiegel scheinbar schwerelos im Raum. Hexerei ist das freilich keine, denn das Duo wurde auf zwei dünne Saphirglasscheiben gedruckt, deren Antrieb über eine feine Verzahnung am Rand erfolgt. Verständlich, dass die chronometrische Rückbesinnung beinahe zwangsläufig in homöopathischen Kleinstmengen erfolgt. Acht Exemplare wird es in Weiß- und weitere acht in Rotgold geben. Gehäusedurchmesser: 47 Millimeter.(Gisbert L. Brunner/Der Standard/rondo/14/11/2008)