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Ebenfalls "in": Haube mit Ohrenschutzfunktion

Wer sich dieser Tage für eine neue Haube entscheidet, der hat mit seinen eigenen ästhetischen Anforderungen einen inneren Frieden geschlossen: Hübscher macht einen eine Haube nämlich nicht. Das Haupthaar - die wichtigste Deko des Menschen - wird verdeckt, der meist nicht ganz ebenmäßige Kopf betont, das Profil herausgehoben. Attraktiv schaut anders aus.

Das dachte sich bis in die frühe Neuzeit wohl auch die hehre Männerwelt, die verheirateten Frauen eine Haube verordnete - sonst wären diese womöglich noch anderen Männern aufgefallen. Wer "unter die Haube" gekommen ist, der - oder besser die - hatte dem Spiel mit erotischen Reizen Lebewohl gesagt.

Das war damals nicht viel anders, als es heute ist: Lieber vor Kälte glühende Ohren als die Strickhaube von Omama.

Wie dann aber die derzeit grassierende Haubenwut erklären? Und noch schwieriger: Welche Motive haben um Himmels Willen die Träger der in diesem Winter so beliebten Schlumpfhauben?

Schick sind jene, die sich hässlich geben

Versuch Nummer eins: Es geht um eine Umwertung ästhetischer Parameter. Also schick ist jener, der sich besonders hässlich gibt. Bobos mit Schnurrbärten oder Menschen aus Berlin-Prenzlauer Berg wissen, wovon hier die Rede ist. Für diese These spricht, dass Menschen aus der Generation, die am liebsten Schlumpfhauben trägt, also Menschen zwischen 20 und 40, in den vergangenen Jahren bereits Retro-Windjacken, Vintage i i Lufthansa-Taschen oder den Nike Airmax besonders cool fanden. Sie sind mit den Schlümpfen im Vorabendprogramm aufgewachsen. Eine gewisse Nostalgie darf man ihnen also wohl unterstellen. Oder anders gesagt: Zeig du mir deinen Schlumpf, und ich zeig dir meinen. Heute funktioniert das eben über Hauben. Anders als bei den Schlümpfen tragen sie den Zipfel allerdings nicht nach vorn, sondern nach hinten. Versuch Nummer zwei: Schlumpfhaubenträger signalisieren mit ihren Mützen eine besondere historische bzw. politische Sensibilität.

Die Schlumpfhaube ist nämlich eine Variante der sogenannten phrygischen Mütze, die ursprünglich von den antiken Phrygern getragen wurde und aus einem gegerbten Stierhodensack samt der umliegenden Fellpartie bestand. Später fertigte man die Mütze aus Stoff, Tuch, Wolle oder Leder, wobei man den längeren Zipfel nach vorn schlug. Während der Französischen Revolution wurde sie von den Jakobinern als Ausdruck ihres politischen Bekenntnisses getragen, sprich: Sie war ein Symbol demokratischer und republikanischer Gesinnung. Die Schlumpfhaube als Freiheitsmütze, sozusagen. Gegen diese These spricht, dass Schlumpfhaubenträger ziemlich verdutzt schauen, wenn man sie darauf anspricht. Und sich beim Gedanken an die Verwandtschaft ihrer Haube mit einem Stierhoden wohl angewidert abwenden würden.

Versuch Nummer drei: Die Schlumpfhaube ist wärmer als normale Strickhauben. Beweise dafür gibt es keine. Beweise dagegen allerdings auch nicht. (Der Standard/rondo/12/12/2008)