So haben sich Jean-Auguste-Dominique Ingres und Zeitgenossen die Wonnen eines Türkischen Bades im Jahr 1863 vorgestellt.

Die aktuellen Öffnungszeiten sollten in allen drei Hamams, Cagaloglu, Çemberlitas und Galatasaray vorweg geklärt werden. Aber nicht nur im Hamam plätschert es: Zum Entspannen im Winter laden mehr als 1000 Thermalquellen in die Türkei. Durch die geothermischen Zonen und die hohe mineralische Qualität des Wassers zählt die Türkei heute zu den Top-sieben-Thermen-Ländern der Welt. 200 dieser Quellen wurden in modernen Thermalzentren für Wellnesstouristen erschlossen. Die meisten liegen in der Marmara-Region und an der Ägäis. www.goturkey.com

Foto: Cagalogu

Eine Hamam-Tour lässt sich hier stilvoll ergänzen durch einen zeitgeistigeren Spa-Tempel wie das Çiragan Palace Kempinski Hotel - eines der Leading Hotels of the World. Viel weißen Marmor und Goldfische als Wasserhähne bietet das Haus seinen Gästen, das von "Sanitas" betriebene Spa geht über die klassische Palette des Türkischen Bades hinaus. Neben traditionellen Hamam-Behandlungen wird auch fernöstliches Wellness-Know-how geboten.

Foto: Kempinski

Austrian fliegt täglich (Mo, Do, Sa, und So zusätzlich früh morgens) von Wien nach Istanbul, Turkish Airlines zweimal täglich und SkyEurope dreimal wöchentlich von Bratislava aus.

Grafik: DER STANDARD

Man hätte die antiseptische Nummer wählen können: Seit der weltweit wütende Spa-Trend auch alte Quellen anzapft, haben sich die Istanbuler Luxushotels mit türkischen Bädern herausgeputzt. Ja, sogar die Dächer der Hochhäuser machen längst auf Bäder-Panorama. Oberhalb des Restaurant Mikla, in dem der türkische Jamie Oliver, TV-Koch Mehmet Gürs, die Bosporus-Bussi-Bussi-Menschen einkocht, trennt nur eine Glaswand den Party-Pool vom luftigen Ausblick auf die Stadt.

Die Geschichte des Cagaloglu Hamams wiegt schwerer, ihr Gewicht blieb nicht ohne Spuren. Denn im Laufe der Jahrhunderte ist der legendäre Hamam in den Boden des Stadtteils Eminönü eingesunken. Zwei, drei Meter muss man in der Hilâl-i-Ahmer-Straße nach unten steigen, um in das diffuse Dämmerlicht vorzudringen.

Im Laufe des 18. Jahrhunderts, in dem das Cagaloglu Hamam entstand, wurde die Wasserversorgung zur Chefsache. Davon erzählen die Istanbuler Zisternen - seit James Bonds Bootsfahrt in dieser Attraktion auch einem breiteren Publikum: Fette Goldfische schieben sich durch unterirdische Marmorarkaden, und ein auf den Kopf gestelltes Medusenhaupt wacht über das träge Gerinnsel. Die Zisterne Yerebatan Sarayi diente als Wasserreservoir für die Gärten des Sultanspalasts.

Dreihundert Hamams, die sich damals im alten Konstantinopel ausbreiteten, bescherten der Stadt gleichzeitig Wasser- und Brennholzmangel. Aber die Mächtigen ließen dort nicht nur Wasser sprudeln, sondern vor allem auch Geld. Die Einnahmen im Cagaloglu Hamam waren sogar strikt zweckgebunden: Sie sollten die Bibliothek finanzieren, die Sultan Mahmud I. in der Hagia Sofia anlegen ließ. Wenig später grub ein Hamam-Bauverbot den Bauherren das Wasser ab.

Bis heute haben in Istanbul rund zwanzig Oasen einer bis in die Antike zurückreichenden Tradition überlebt, bei der sich weit mehr verdichtete als bloß ein wenig Seifenduft und heiße Luft. Quer durch die sozialen Schichten träufelt der Schweiß hier auf ein- und dieselbe Marmorplatte. Man trifft sich zur Genussrasur plus Nackentätscheln mit Zitronenöl-Finish, beim Mokka danach oder am zentralen Brunnen, wo sich hervorragend über Fenerbahçes neue Stürmerniete oder das Kopftuchverbot streiten lässt.

Aufweichquartier

Hält man das Wiener Kaffeehaus für ein Wohnzimmer, so sind Istanbuls Hamams öffentliche Zweitwohnungen, in denen die Gäste bloß mit schwüler Luft bekleidet sind. Und natürlich mit Holzschlapfen sowie einem klassischem Pestemal, dem gefransten Hüfttuch. Im Idealfall eines Cagaloglu Hamam bekommt man es von jemanden in die Hand gedrückt, der zum Verwechseln an Groucho Marx erinnert - Jonglieren der Augenbrauen inklusive.

Humor ist jedenfalls kein schlechtes Rüstzeug, wenn man sich auf das geheizte, zentrale Marmorpodest des "Nabelsteins" fläzt. Er hilft, den Knechten von Masseuren gelassen ins Auge zu sehen, wenn man leichtsinnigerweise den "Complete Oriental Luxury Service" buchte: 50 Euro für eine Knochenbrecher-Massage mit Seifenschaum-Abreibung!

Zu Ende ist der Bäderbesuch damit nicht unbedingt: Das Çemberlitaº Hamam aus dem Jahr 1584 liegt nur wenige Meter entfernt - und wurde mittels Solarium- und Fitnesscenter-Zubaus zuletzt in Richtung 21. Jahrhundert getrimmt. Im gleichfalls restaurierten Galatasaray Hamam - bis heute Adresse für das traditionelle Brautbad, aber auch für Kunden vom anderen Hamam-Ufer - können Touris im angrenzenden Garten kulinarische Genüsse und Blicke auf Tänzerinnen-Bauchspeck riskieren.

Und sogar Wasserscheue können zuschlagen: Der leider fehlgeplante, weil mit zu großem Hitzeverlust überdimensionierte Haseki-Sultan- Hamam im Park des Sultan-ahmet dient längst als Teppich-Showroom. Und verselbstständigt hat sich auch das Waschlappen-Merchandising: Hochwertige Badetücher, aus Palmfaser oder Ziegenhaar gewobene Massage-Handschuhe, hübsch ziselierte Schöpfkellen und die Wiederbelebung der traditionellen Olivenöl-Seifenerzeugung - all das kann man trockenen Fußes aus den Tiefen des Großen Basars Kapali Çarºi herauftauchen! (Robert Haidinger/DER STANDARD/Printausgabe/13./14.12.2008)