Bild nicht mehr verfügbar.

Straßenseitig: kein Wechsel der Parolen zum Jubiläum der kubanischen Revolution. In den Innenhöfen Havannas: Ballwechsel - auch wie immer.

Foto: AP/Javier Galeano

Wer von Österreich nach Kuba fliegt, kommt oft günstiger nach Varadero als nach Havanna direkt. Bis am Nachmittag sind Linienbusse in die Hauptstadt unterwegs, danach verkehren noch die etwas teureren Touristenbusse. Die Linienflüge der Billig-Airlines sind in diesem Fall nicht immer die günstigste Option, man kann aktuelle Preise mit checkfelix.com vergleichen. Zur Einreise benötigt man einen mindestens sechs Monate gültigen Reisepass sowie eine Touristenkarte, die bei einem Pauschalurlaub vom Reisebüro besorgt wird und bei einer Individualreise bei der kubanischen Botschaft um eine Gebühr von 22 Euro erhältlich ist: Kaiserstraße 84, 1070 Wien.

Grafik: DER STANDARD

Bild nicht mehr verfügbar.

Nicht mit einer Pauschalreise nach Kuba kommen zu wollen bedeutet: Entweder muss man vor Ort dennoch auf die Infrastruktur von vorwiegend Vier- oder Fünfsternehotels zurückgreifen, oder man sieht sich nach Privatunterkünften um. Casa Particulares müssen in Kuba eine Lizenz haben, westlichen Qualitätskriterien unterliegen diese Unterkünfte nicht. Somit sind besonders in Havanna die Unterschiede bei vergleichbaren Zimmerpreisen sehr hoch, wer sich vorweg einen Überblick verschaffen will, ist mit dem Cubaguide-Verzeichnisgut beraten. Fotos fehlen zwar, aber die Beschreibungen sind zumeist aussagekräftig.

Foto: Getty Images

Bild nicht mehr verfügbar.

Neben einem guten Reiseführer sind für Individualreisende auf Kuba Informationsplattformen und Foren wertvoll. Die meisten und aktuellsten Einträge findet man unter: kubaforen.de bzw. unter cubaforum.net. Außerdem gibt es auch einige kleine Reisebüros, die sich auf individuelle Angebote spezialisiert haben, Erkundungen mit dem Wohnmobil etwa funktionieren mittlerweile sehr gut (Infos unter cubareise.info). Die Agentur Cuba Star Travel bietet neben den klassischen Touristenausflügen, auch interessante Einzelbausteine oder Special-Interest-Programme wie Salsa- oder Spanisch-Workshops an (Infos unter cubastartravel.com).

Foto: Getty Images

"Wir sind das einzige Restaurant mit original chinesischen Küchenchefs", preist der Keiler vor dem Schanigarten des Tien Tan seinen Brötchengeber an. "Tien Tan" – ein Himmelstempel im kommunistischen Kuba? Dieser heiligste Sakralbau im kaiserlichen Peking hat zahllosen China-Restaurants in aller Welt den Namen geliehen, also warum nicht auch jenem in der Calle Cuchillo im Barrio Chino, der Chinatown von Havanna.

Tao Qi, die Inhaberin, ist vor zehn Jahren von Schanghai nach Kuba gekommen und hat zwei Küchenchefs aus ihrer Heimat mitgebracht: Luo Shu Cuei aus Peking und Liang Xu Yan aus Schanghai. Havannas Chinatown hat nämlich viel zu bieten – nur eben keine Chinesen. Über die Bolivar-Straße spannt sich wohl ein Drachentor, alle Straßenschilder dahinter sind zweisprachig beschriftet – mehr aus Nostalgie denn aus einem Bedürfnis heraus: Denn die Nachfahren der 100.000 Chinesen, die vom 19. bis ins frühe 20. Jahrhundert nach Kuba auswanderten, sind längst im Schmelztiegel der anderen ethnischen Gruppen aufgegangen und verstehen die Sprache ihrer Ahnen oft gar nicht mehr.

Und auch von chinesischer Küche versteht man, mit Verlaub gesagt, in all den Restaurants in der Calle Cuchillo herzlich wenig. Für die wenigen verbliebenen chinesischen Expatriates in Havanna gibt es tatsächlich nur das Tien Tan, alle anderen Lokale lassen sie links liegen. Die Touristen hingegen halten sich in den übrigen China-Restaurants auch an die Pizza-Karte oder an ein "Bistec Uruguayo", wie das Cordon Bleu hier genannt wird.

Dass sich Kuba-Reisende in Havanna ausgerechnet hierher verirren, ist nicht verwunderlich. Mitten im Zentrum liegt Havannas Chinatown, die gerade im Zuge eines Sanierungsprogramms besonders aufwändig erneuert wird, in prominenter Lage hinter dem Kapitol und nur eine kurze Wegstrecke von der Altstadt entfernt.

Fotogene Versatzstücke

In parallelen Welten bewegen sich Touristen auf der Insel ständig – auch wenn sie eigentlich gekommen sind, um noch rasch ein undefiniertes "altes Kuba" zu sehen. Das Kuba etwa, das vor wenigen Tagen 50 Jahre Revolution feierte? Oder das Kuba vorrevolutionärer Versatzstücke, im Dienste der Touristen, zu denen eben nicht nur der eine oder andere fotogene Straßenkreuzer zählt, sondern auch ein chinesisches Viertel?

Die Parallelwelt ist freilich auch eine ökonomische. Einheimische Gäste sieht man in den Fress- und Himmelstempeln des Barrio Chino nur selten – denn bezahlt wird hier nicht mit "Moneda Nacional", sondern mit den Pesos Cubanos Convertibles, also dem Ausländergeld. Längst sind die China-Restaurants in der Calle Cuchillo Privatunternehmen, wie sie seit der Öffnung Kubas für den Massentourismus vor rund 15 Jahren zugelassen wurden. Zur selben Zeit begann hier eine Reihe von Sprach- und Kunstschulen den Bewohnern wieder Grundkenntnisse in Mandarin und Kantonesisch zu vermitteln. Ansätze von Globalisierung? Eher eine normale Entwicklung im Rahmen mehrsprachiger Speisekarten.

>>> Sisyphos-Arbeit an der Uferpromenade

Selbst in den Straßen jenseits des Barrio Chino hört man überraschend wenig laute Parolen zum Jubiläum der Revolution. Wären da nicht jene, die man tatsächlich überall und still von den Hauswänden ablesen kann, oder jene offiziellen, die schon seit Monaten bei den Aufmärschen der kommunistischen Jugendorganisation "Juventud Rebelde" tönen. Was stattdessen auffällt, ist die fast völlige Absenz von Reklametafeln und Werbeparolen. Eine Stadt, deren Bild nur von der Architektur und von ihren Bewohnern geprägt ist, das ist ungewohnt, macht ausgedehnte Spaziergänge umso reizvoller und die geführten Bustouren noch ein wenig unattraktiver.

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: EPA/WEA / WEATHER

In der verkehrsarmen Altstadt ist das aber ohnedies nicht anders möglich. Von der Uferpromenade, dem Malecón, bis zur Kathedrale aus spanischer Kolonialzeit, überall in der Altstadt wird eifrig restauriert und erneuert, was speziell an der Uferstraße einer Sisyphos-Arbeit gleicht: Die Salzgischt und die Wellen, die gegen die Hausfassaden schlagen, nagen permanent an der Bausubstanz. Und im September 2008 brach zudem der Hurrikan "Ike" über Havanna herein, der schlimmste Wirbelsturm, den Kuba in hundert Jahren erlebt hatte. Drei lange Tage wütete er auf der Karibikinsel, acht Milliarden Euro Schaden verursachte er und zerstörte rund 450.000 Häuser. Dass die Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten heute, vier Monate nach der Naturkatastrophe, bereits weit fortgeschritten sind, ist erstaunlich – mehr aber noch der Umstand, dass das Altstadtambiente nicht bloß für die Touristen schön gemacht wird. Sobald ein Haus saniert ist, ziehen die früheren Bewohner wieder ein.

Unter Pappkameraden

"Die Revolution geht nicht in Pension", war von Fidel Castro zu hören – in ein Museum wurde sie dennoch bereits recht früh verfrachtet. Im Präsidentenpalast, der in den 1920er-Jahren erbaut wurde und heute das Revolutionsmuseum beherbergt, bekommt man schließlich die gesamte Devotionalien-Palette zu sehen: lebensgroße Pappmachéfiguren von Camilo Cienfuegos und Ernesto Che Guevara – in einem Zubau gibt's die Granma dazu, also jene Yacht, mit der 82 Revolutionäre 1956 nach Kuba übersetzten.

Touristenuntypischer und lehrreicher ist ein Besuch im Museum der Revolutionskomitees. Das liegt in der Fußgängerzone der Calle Obispo, die als gelungenes Beispiel von Altstadtsanierung gilt und wegen der vielen Läden und Lokale von Ausländern jedenfalls stärker frequentiert wird als besagtes Museum. So kommt man hier in der Regel in den Genuss einer exklusiven Führung – ein älterer Herr nimmt sich der Gäste an und erklärt anhand der Exponate und Schautafeln Geschichte und Aufbau der "Comités de Defensa de la Revolución".

Pedro Pablo Perez Diaz, dieser ganz und gar nicht nach Ostblockapparatschik anmutende Direktor des Museums, war elf Jahre alt, als die Revolutionsarmee am 1. Jänner 1959 in Havanna einmarschierte. In den 1960er-Jahren beteiligte er sich an der Alphabetisierungskampagne für Landarbeiter, und in den Siebzigern, als die Welt noch übersichtlich in Blöcke geteilt war, arbeitete er als Schiffsbauingenieur in Kaliningrad und Murmansk.

In ganz Kuba gibt es noch an die 140.000 solcher Komitees, nach Häuserblöcken und Wohnvierteln gegliedert, der Organisationsgrad ist hoch, denn wer nicht mittut, gilt als Konterrevolutionär. Sie sind ein Schlüssel zum Verständnis der Stabilität des kubanischen Systems. Ursprünglich ein demokratisches Instrument, mit Versammlungen, Debatten und Abstimmungen, werden sie von der Partei und der Regierung gelenkt, organisieren zwar auch Bildungs- und Gesundheitsprogramme, fungieren aber vor allem als Aufpasser und Spitzel. "In jedem Stadtviertel Revolution!" lautet der Wahlspruch der Organisation, die nur ein Jahr jünger ist als die Revolution selbst. Freilich, die Parole wird auch im Barrio Chino verstanden, aber vielleicht muss sie bald auch in Kantonesisch ausgegeben werden. (Harri Kivinen/DER STANDARD/Printausgabe/10./11.1.2009)