"Hacken Sie niemals mit einem Beil ein Loch ins Eis!"

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Folgende alarmierende Meldung schreckte uns im Jänner, dem unbestritten langweiligsten Monat des Gartenjahres, via Newsletter eines großen Gartenversandhauses aus der Winterruhe auf. "Hacken Sie niemals mit einem Beil ein Loch ins Eis!", hieß es da eindringlich und quasi händeringend, denn: "Die Fische überleben den Schreck oftmals nicht."

Da es in der mittlerweile doch fast schon vorübergeeilten Jugend Ihres Grünzeugs eine der winterlichen Lieblingsbeschäftigungen gewesen war, ebendas zu tun, nämlich eskimogleich Löcher in Forellenteiche zu hacken und mangels Fliegen und Würmern an Angelhaken baumelnde Fleischstückchen in die darunterliegenden Fluten zu versenken, weil man ja auch im Winter gelegentlich gerne frische Fische über Lagerfeuern brät, kam uns diese Meldung sonderbar vor.

Ein bisschen klang sie so wie das in den 70er-Jahren herumgeistern-de Schauermärchen vom Flocki, den irgendwelche Bekannten von Freunden von Bekannten ins Chinesenlokal mitgenommen hatten und der dann nach kurzer Abgängigkeit zum Entsetzen aller in Form eines Hundebratens wiederkehrte. Das war eine beliebte Kettengeschichte, die jeder kannte und die selbstverständlich keiner je persönlich erlebt hatte.

Niemals, um vom Vierbeiner wieder zu den Flossentieren zurückzukehren, hatten wir es jedenfalls erlebt, dass seinerzeit durchs Eisaufhacken Fische verstorben waren - es sei denn einzeln und durchaus gewollt durch unsere mörderische Hand. Andererseits - was weiß man schon über diese für uns stummen Kreaturen, außer dass die meisten von ihnen sehr gut schmecken.

Plötzlicher Fischtod

Doch wie eine sofortige gründliche Investigation ergab, schreibt derzeit so gut wie jedes gärtnerische Medium über das Phänomen des plötzlichen Fischtodes durch verantwortungslose Beilschwingerei der Gartenteichbesitzer. Unterschiedliche Thesen werden voll Überzeugung als Begründung angeführt. Die durch das Hacken hervorgerufenen Schallwellen würden die empfindlichen Schwimmblasen der Fischlein zerplatzen lassen, schreiben die einen. Der Schock schrecke die armen Fische dermaßen auf, dass sie, wenn schon nicht tot umfielen - was unter Wasser schwierig ist - so doch leblos auftreiben würden, warnen die anderen.

Eine weitere Recherche bei den Ichthyologen der Veterinärmedizinischen Universität Wien brachte Licht ins Dunkel der Geschehnisse am Teichesgrund. Erstens: Um Forellen und dergleichen geht es in dieser fürsorglichen Meldung nicht. Die geäußerten Befürchtungen gelten vielmehr Gold- und anderen Zierfischen, die in sowieso meist zu kleinen gärtnerischen Biotopen die Eiszeit überdauern müssen.

Um für eine bessere Durchlüftung des Wassers zu sorgen, muss zumindest ein Teil der Oberfläche eisfrei gehalten werden. Die Druckwellen, die durch energisches Hacken entstehen, schrecken die in der Winterruhe befindlichen Fische tatsächlich auf, und manche Arten können die Druckunterschiede schlechter ausgleichen als andere, werden also dadurch in einen unerfreulichen Unruhezustand versetzt, der sie gegebenenfalls schwächen kann. Von aufplatzenden Blasen kann jedoch keine Rede sein.

Die wirkliche Gefahr dräut den Fischen nicht durch das Eisaufhacken, sondern viel öfter durch das gänzliche Einfrieren ihres Lebensraumes. Denn häufig sind die Gartenbiotope viel zu klein und zu seicht, um Fischen das Überwintern optimal zu ermöglichen. Deshalb sollte man entweder einen ordentlichen Teich anlegen oder andernfalls sich, vor allem aber den Fischen, das Halten derselben einfach ersparen. (Ute Woltron/Der Standard/rondo/23/01/2009)