Die Montafoner Almhütten und Bauernhäuser strahlen Ruhe aus - die Satelliten des Galileo-Systems liefern die standortbezogenen Hintergrundinformationen dazu.

Foto: Schruns / Andreas Künk

Unter einem Menüpunkt stellen sich Wanderer in der Regel ein lauschiges Picknick-Plätzchen vor. Oder eine Almhütte, wo die Butter gelb am Teller klebt. An ein trockenes PDA-Menü mit Unterpunkten wie "Batterieladezustand" denkt man dabei wohl kaum. Und dennoch: Es ist ein durchaus beachtenswertes Detail. Denn wer will das schon: dass einem neben der Luft unterwegs auch noch der Saft des Akkus ausgeht.

Eine neue Erfahrung ist das Hirschen durchs Gelände per PDA in jedem Fall - dank des digitalen Wanderbegleiters, der seit einiger Zeit im Rahmen des Loccata-Projekts im Vorarlberger Tourismusbüro von Schruns ausgeliehen werden kann. Positionsanzeige statt Prinzip Hoffnung. Griffige Zoomstufen Richtung Ziel. All das bietet das kleine schwarze Kästchen mit dem stoßsicheren hellblauen Kunststoffrahmen.

Neue Wege durchs Montafon - darum geht es bei Loccata in der Tat. Die eigentlichen Wanderführer heißen denn auch nicht Sepp oder Luis, sondern Giove A und B. Es handelt sich um jene beiden Testsatelliten, die seit einiger Zeit die Demophase des europäischen Satellitennavigationssystems Galileo markieren - und die nebenbei die Basis für eine Vorarlberger Tourismus-Pioniertat abgeben. Immerhin waren die Montafoner mit dem Loccata-Projekt europaweit die ersten, die die neu entstehende Satelliteninfrastruktur dazu heranzogen, Gäste über die umliegende Kulturlandschaft und lokale Besonderheiten zu unterrichten. Sieben Wanderrouten hat man dabei erfasst, die sich teilweise auch perfekt für Winterwanderungen etwa mit Schneeschuhen eignen. Und man hat sie mit Informationen bestückt, die weit über herkömmliches Navigieren hinausgehen: Der dicke rote Faden dazu kommt von der Route selbst - entlang des Bergknappenwegs Kristberg etwa, am geologischen Lehrwanderweg Bartholomäberg, am Aqua-Wanderweg in Tschagguns oder am Sagenweg Vandans.

Galileo liefert dann auch noch die Hintergrundinfos eines digitalen Reiseführers frei Ohr: wie die mittelalterlichen Bergknappen im Silbertal lebten, und welche Legenden sich damit verbinden. Welche Steine rar und wertvoll sind, was halbverfallene Heustadel, der imposante Bergahorn und Geißen-Unterstände über die Entwicklungsgeschichte einer markanten alpinen Landschaft eben erzählen können. So sehen jedenfalls die mühelos abrufbaren Zusatzinfos aus, die Loccata per Antippen bietet, und mit denen Wissensdurstige nicht nur in Bild- und Textform, sondern auch per Tonformat bedient werden.

Die Geräte dazu liegen wie gesagt in Schruns bereit. Wer will, kann aber auch bereits zu Hause ein wenig vorausgehen - und sich die aktuellen Routen sowie die Software gratis auf das eigene Gerät laden - mittlerweile sogar auf das Mobiltelefon, aus dem dann das sogenannte "MontaPhone" wird.

Zugleich tut sich hier aber auch eine Weggabelung auf. Oder sagen wir lieber: Neuland, das in Zukunft sicher verstärkt beschritten wird - nicht nur im Montafon. Wanderer sein als "Datenträger" - will man das denn? Geht da nicht zugleich anderes verloren? Wird wohl so sein. Aber zugleich wird eine vom Netz aufgepäppelte Wanderer-Generation solche Forderungen stellen. Denn der Praxistest beweist: Köder für gehfaule Kids ist Loccata schon jetzt. Denn wer den roten digitalen Faden in Händen hält, zeigt sich mitunter motivierter denn je. Und bekommt, etwa im Falle des Vandanser Sagenweges, auch noch die eine oder andere Geschichte ins Ohr gedrückt.

Apropos "Ohren drücken": Andere Wege beschreitet am Bartholomäberg, den auch die Loccata-Route "Litz Wanderweg Schruns" streift, Horst Kluster. Seine Guides sind in flauschiges Alpaka gehüllt und gehen von selbst. Falls nicht, dann hat es mit leeren Akkus nichts zu tun: Lamas sind launig, gehen aber auch parallel zum digitalen Begleiter weiter. (Robert Haidinger/DER STANDARD/Printausgabe/21./22.2.2009)