Das Aurelio-Konzept aus der Pool-Perspektive: Weglassen schafft Platz. Etwa für einen persönlichen Coach im Spa.

Foto: Aurelio Lech

Viel wurde über Oleg Deripaskas Engagement in Lech gemunkelt und darüber, dass hier eine mehr oder weniger private Residenz für Oligarchen entstehen soll. Übrig geblieben von diesen Gerüchten ist nur, dass Tamara an der Rezeption neben Deutsch und Englisch auch Russisch beherrscht (wie im Übrigen auch die Homepage), dass man neben westlichen Zeitungen die Izvestja bekommt; und dass das dritte Haus, das "Chalet", komplett gebucht werden kann - von jedermann mit dem nötigen Bankkonto. Die Suiten in den anderen Häusern des Aurelio sind in der Nebensaison ab 600 Euro pro Nacht erhältlich, in der Hauptsaison um das Doppelte.

Das Auffällige an diesem neuen Hotel in Lech ist aber, dass es weder auffällt noch neu wirkt. Zwischen den Bauten aus den Arlberger Boom-Zeiten nimmt es sich zurück wie ein kleiner Bruder, seine Holzarchitektur hält sich enger an die alpinen Gebräuche als die mancher Nachbarn.

Dass sich dahinter Luxus verbirgt, hat es mit anderen Fünf-Sterne-Häusern gemeinsam - und es hat ihnen Einiges voraus. Denn das Aurelio, das zur Sacher-Gruppe gehört, zählt sich zu den Adressen für Leute, die das um jeden Preis Auffallende nicht mehr brauchen. Darum führt keine Prunkauffahrt zu den drei einzeln stehenden Häusern am Hang knapp oberhalb der Lecher Hauptader. Darum erwartet den Gast keine große Lobby zur Selbstdarstellung, sondern ein funktionaler, fast kühler Empfang - nicht unähnlich dem Look von Boutique-Hotels.

Ähnlich unterspielt präsentieren sich die Lounge links und das Restaurant rechts von der Rezeption: Interieurs, die nicht viel mehr signalisieren wollen, als dass man es bequem haben wird. Anstelle von echten oder fast echten Ölgemälden hängen großformatige Schwarzweißbilder des britischen Fotografen Tim Hall an den Wänden, eher mit den künstlerischen Arbeiten eines Walter Niedermayr als mit Prospektfotos vergleichbar.

Die Opulenz muss man anderswo suchen. Man findet sie in der Großzügigkeit der Räume, in der gedämpften Atmosphäre, die einen gegen die Betriebsamkeit unten im Dorf abschirmt. Man findet sie im Keller. Dort erstreckt sich ein 23 Meter langes Schwimmbecken unter zwei Häusern, ein fast ebenso langes liegt unter dem dritten. Im Spa hilft ein persönlicher Coach auf die Sprünge oder abzuschalten, was einem halt lieber ist.

Das Essen im "Aurelio's" - für Hotelgäste und à la carte - soll zum Feinsten zählen, was Lech zu bieten hat, und das will etwas heißen. Auch ohne dass wir den direkten Vergleich mit allen Haubenköchen der Region gemacht haben: Küchenchef Thomas Göls, ausgebildet im Sacher, bei Obauer und anderen, lässt keinen Zweifel daran, dass das Aurelio kulinarisch in der obersten Liga spielt.

Die Kundschaft ist dann wohl auch entsprechend verwöhnt. Das kann so weit gehen, dass man beim Assistenten im Ausland anruft, um ihn einen Termin mit dem Coach im Keller vereinbaren zu lassen. Tamara an der Rezeption hätt's wohl auch getan. (Michael Freund/DER STANDARD/Printausgabe/7./8.3.2009)