Mit Designerkooperationen möbelte Fred Perry sein Image auf. Mode von Jessica Odgen.

Foto: Hersteller

Mode von Raf Simons.

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Eine Sportmarke? Damit braucht man den Leuten hier in Covent Garden gar nicht kommen. Sie haben sich ein viel schöneres Wort zur eigenen Beschreibung einfallen lassen. Wir sind eine "globale Lifestyle-Nischen-Brand", sagen sie. Willkommen in der Welt des Marketing-Sprech. Willkommen bei Fred Perry.

Die englische Modemarke, deren Gründer vor hundert Jahren geboren wurde, hat eine lange Reise hinter sich. Aus der Tenniswelt hat sie sich in jene des Lifestyles geschmuggelt. In den 70ern standen noch 90 Prozent der Tennisspieler im Polohemd mit dem Lorbeerkranz auf dem Court. Heute ist es beinahe kein einziger mehr. Dafür hängen die Leiberln aus Baumwollpiqué, die Cardigans oder die coolen Overalls in den schmucksten Boutiquen dieser Welt - wenn man Glück hat.

Künstliche Verknappung

Als die Briten Ende der Neunziger nach Jahren der Stagnation ihre Unternehmensstrategie änderten, zogen sie sich aus vielen nicht so stylishen Geschäften zurück. Künstliche Verknappung nennt man das Prinzip, und Fred Perry fuhr gut damit. Vor allem weil man bald Kooperationen mit den angesagtesten Designern einging. Rei Kawakubo von der japanischen Avantgarde-Marke Comme des Garçons war die Erste, in den vergangenen Jahren kamen Ann-Sofie Back, Jessica Ogden, Peter Jensen und vor allem Raf Simons dazu. Sie alle hatten Carte blanche. Solange der Lorbeerkranz und die Polo-Form in irgendeiner Weise wiedererkennbar sind, können sie machen, was sie wollen.

Zum 100. Geburtstag von Fred Perry beauftragte man jetzt Raf Simons, eine moderne Interpretation eines klassischen Fred-Perry-Outfits zu entwerfen. Damit rückt das Unternehmen wieder die Person Fred Perrys in den Mittelpunkt seiner Aktivitäten. Der Arbeitersohn, der dreimal Wimbledon gewann, eignet sich dafür nicht schlecht. "Der bestangezogene Tennisspieler seiner Zeit" war ein Held der Arbeiterklasse und sagte den Mitgliedern des Establishments offen, was er von ihnen hielt. Wohl auch deswegen (und wegen seiner Unterhaltungsqualitäten) liebte ihn das Publikum.

Schwarz mit weiß-rotem Kragen

Als sich in den 50ern die Burschen in den Vorstädten formierten und auf ihren Vespas und in knöchelkurzen Anzügen zu Lederschuhen durch die Gegend brausten, trugen sie die engen Polos von Fred Perry. Die Mods waren die ersten Vertreter einer Subkultur, die sich für die 1952 gegründete Marke des Tennisspielers (gestorben 1995) entschieden. Zum Leidwesen des Unternehmens assoziiert man im deutschsprachigen Raum aber bis heute eine ganz andere "Bewegung" mit den Fred-Perry-Polos, vor allem mit jenen in Schwarz mit weiß-rotem Kragen. Gegen die Kleidungsrituale der rechten Szene vorgegangen ist man in London aber nie.

Was hätte man auch machen sollen? Die Briten vermieden jegliche Aufregung und wandten sich lieber der schicken Mode- und Musikszene zu und positionierten ihre Faltenröcke und Club-Pullover mit V-Neck im Segment der Lifestyle-Produkte. - auf dass den Neonazis die Marke irgendwann einfach zu hipp sein könnte. Wirklich wichtig für Fred Perry ist der deutsche Markt sowieso nicht. Den Großteil des Umsatzes macht man in Großbritannien.

Im Windschatten der Retro-Bewegung des "Cool Britannia" schwang sich die Marke dort zu neuen Höhenflügen auf. Für kurze Zeit gehörte Fred Perry zur Uniform einer eigenen Kultur - obwohl sie sich in der Subkultur deutlich wohler fühlt. (Stephan Hilpold/Der Standard/rondo/03/07/2009)