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Während Schurl mit der linken Hand den Kinderwagen schaukelt,  hält er sich mit der rechten an Krügerln fest

Foto: APA/Roland Weihrauch

Eigentlich wollte der Schurl während seiner Karenz viel mit dem Kind unternehmen. "Die wichtigste und schönste Zeit meines Lebens, sagt die Frau", so Schurl gallig. Und nebenher wollte Schurl endlich ein Buch schreiben. Er nennt es heute: "Einen kleinen, zum Scheitern verurteilten Roman." Der Schurl ist nicht blöd, er wollte "tote Zeit nicht sinnlos verplempern". Zwei Monate nach Karenzantritt trifft man Schurl jetzt immer öfter im Stammlokal. Ein nächtlicher Treffpunkt von Lumpen, der als Notfallambulanz schon am späten Nachmittag geöffnet hält. Während Schurl mit der linken Hand den Kinderwagen schaukelt ("Was es ist? Es ist ein Baby."), hält er sich mit der rechten an Krügerln fest: "Ein schnelles noch. Ich hab das depperte Flascherl daheim vergessen. Aber sie ist eh nicht da. Und die halbe Stunde wird das Kindi noch aushalten. Ja, ja, ist ja gut. Dutzi, dutzi."

Wenn er das gewusst hätte, meine Güte. Der Schurl bestellt Bier und trauert um sein Leben. Sein Vorleben. Es bestand aus der Langfassung des jetzigen Frühabends. Bloß, dass er früher nicht um zwei Uhr nachts aufgestanden ist, um ein Flascherl zu machen. Weil er um diese Zeit noch selber Durst hatte. Jetzt aber: feste Hände, feste Regeln. Manchmal schaffen Frauen es, Männer zu zerstören. Damit retten sie die Männer vor sich selbst: "Schaut mich an. Schön ist das nicht." Scheiß der Hund drauf. Schurl trinkt aus und schiebt den Kinderwagen aus dem Lokal: "Freunde, das geht so nicht. Ihr könnt mir nicht die ganze Zeit das Kind anrauchen. Das ist schädlich." Ist schon recht. Prost, Schurl. (Christian Schachinger/Der Standard/rondo/22/01/2010)