Designermode auf der Skipiste, Funktionsmode in der Stadt: Die Grenzen zwischen sportlich und schick sind durcheinandergeraten.

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Stephan Hilpold und Thomas Rottenberg über die Durchmischung von Sport- und Alltagsmode.

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Es gibt eine - unter Modetheoretikern allerdings umstrittene These - wonach alle maßgeblichen Entwicklungen der Mode der vergangenen zwei Jahrhunderte von der Sportmode angestoßen wurden. Der Herrenanzug entwickelte sich aus der Reitermode, das T-Shirt erfanden Matrosen, Sneakers sind nichts anderes als straßentaugliche Turnschuhe. Der Sport ist das Mantra unserer Zeit, und auch wenn die These nicht wirklich wasserdicht ist (bei welcher Sportart trägt man Stöckelschuhe oder Handtaschen?), so steckt in ihr doch ein wahrer Kern. Man muss sich nur in unseren Innenstädten umsehen: Schon längst haben Windjacken, die eigentlich für arktische Temperaturen in Eis und Schnee gedacht sind, den eleganten Wintermantel abgelöst. Eine der größten finanziellen Erfolsgeschichten der vergangenen Jahre ist das Revival des französischen Daunenjackenherstellers Moncler. Mittlerweile in italienischer Hand, zeigt Moncler seine Mode auf den Laufstegen dieser Welt.

Nicht auf der Piste werden die Jacken getragen, sondern beim Stadtspaziergang. Das Prestige, das die aus ihrem Kontext gerissene Sportmode genießt, ist daran abzulesen, wie ihre Logos zu Markte getragen werden. Extrem-Sport-Labels wie Mammut, Salewa oder Vaude werden mit dem gleichen Stolz präsentiert wie die großen Luxuslabels. Das hat Marken wie Chanel oder Prada aufhorchen lassen: Um den Markt nicht den Konkurrenten zu überlassen, stellen sie mittlerweile entweder selbst Funktionskleidung her oder setzen in ihrem Designs auf Charakteristika und Errungenschaften der Sportmode. Auch eine Designer-Jacke muss heute wärmeregulierend und atmungsaktiv sein, ansonsten hat man auf dem immer enger werdenen Markt keine Chance. Die jungen Fun-Sportarten geben dabei die Richtung vor, in die es geht.

Die Skateboarder machten den Anfang, mit dem Snowboardboom wurden auf unseren Straßen Baggy-Pants und XXL-Jacken schick. Der Skitouren-Boom löst derzeit eine ähnliche Entwicklung aus. Flies und Hard-Shell gehören zur Standardausrüstung eines jeden Großstadtalpinisten. Was für eine frühere Generation das Valentino-Rot war, wird bald das Mammut-Rot sein. Sport und Design sind keine Konkurrenten mehr, die heimlich miteinander flirten, sie sind schon längst eine Ehe eingegangen. Sie wird lange halten. (Stephan Hilpold/Thomas Rottenberg/Der Standard/rondo/05/02/2010)