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Informationen & Buchungen:

Infos: www.mondogaureschi.com - deutschsprachige Website über den Ort Brescello und das Museum.

Das Museum in Brescello hat werktags von 10-12 und von 14.30-18.00 Uhr geöffnet, samstags von 9.30-12.00 und von 14.00-19.00 Uhr. Eintritt frei, eine Spende wird erbeten.
Tel.: 0039/(0)522/ 962 158.

Foto: Harald Krachler/APA

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Die beiden Darsteller (Don Camillo alias Abdon Boni, von Beruf Restaurateur, und Peppone alias Giulio Bersellini, Weinhändler) kann man über Herrn Gebriele Carpi beim Fremdenverkehrsverein buchen: Tel.: 0039/(0)522/ 482 523, E-Mail: g.carpi@comune.brescello.re.it

Im Bild: die beiden Statuen mit dem Bildhauer Andrea Zangani.

Foto: ANSA FILES/EPA

50.000 Besucher kommen pro Jahr nach Brescello - nur wegen Don Camillo und Peppone. Sie sind die einzigen Attraktionen des schmucken 5000-Seelen-Dorfs zwischen Po und Parma.

Moment mal, das ist doch ...? Knöchellanges, schwarzes Gewand, schwarzes Käppi auf dem Kopf und gefaltete Hände. Weihevoll schreitet dieser Mann mit verschmitztem Lächeln unter den Arkaden entlang und bleibt dann mitten auf der Piazza Matteotti stehen, dem Marktplatz von Brescello. Zwar wurden genau hier sechs Filme der Don Camillo und Peppone-Reihe rund um einen kommunistischen Bürgermeister und seinen Widersacher, den schlitzohrigen Gottesmann, gedreht, aber das ist fast 50 Jahre her. Vielleicht ist der Herr in Schwarz Brescellos heutiger Pfarrer, äußerlich seinem Filmvorbild nacheifernd? Immerhin, jetzt er steuert auf die wuchtige, strahlend weiße Kirche Santa Maria Nascente zu, in den Kinokomödien stets ein Hauptschauplatz.

Ebenso wie das Rathaus. Nur weil dieses Municipio - anders als in vielen italienischen Dörfern - nicht der Kirche gegenüber, sondern im rechten Winkel zu ihr liegt, wurde Brescello überhaupt Kulisse für den fiktiven Filmort Bosaccio. In dieser Anordnung konnte der Regisseur die Kamera hin und her schwenken lassen zwischen den Gebäuden der Dauerstreithähne. Die beiden stehen noch heute davor - als Bronzestatuen, so als habe man einen ihrer Filme angehalten. Vorm Rathaus Giuseppe Bottazi, genannt Peppone. Meist begriffsstutzig, aber immer aufbrausend, außen strammer Stalinist, innen eine Seele von Mensch. Mit dem Parteiblatt Unità in der Tasche, den Hut in der Hand grüßt er schräg über den Platz in Richtung Kirche zum bronzenen Don Camillo. Der hat Glupschaugen à la Horst Tappert und ein Pferdegebiss, wie sein Filmvorbild, der französische Komiker Fernandel. Ach ja, und dann ist da noch eine dritte Statue - mehr als doppelt so groß wie und Nummer eins und zwei: Hercules. Doch für ihn interessiert sich keiner der Touristen auf der Piazza. Wohl aber für den Mann in schwarzer Soutane, der jetzt wieder aus der Kirche kommt.

50.000 Besucher kommen pro Jahr nach Brescello - nur wegen Don Camillo und Peppone. Sie sind die einzige Attraktion des schmucken 5000-Seelen-Dorfs zwischen Po und Parma - und zwar an jeder Ecke: Das im Film vorkommende Caffè Ristorante Italia heißt heute Don Camillo, die ehemalige Central Bar ein paar Häuser weiter ist längst umgetauft in Caffè Peppone. Natürlich gibt's Tramezzini und Gnocchi, benannt nach den Filmhelden ebenso wie Steine, Frühstücksbretter, Kalender und Teller mit ihren Konterfeis in Souvenirgeschäften. Im Fotogeschäft posiert gerade ein Besucher vor einer Kamera und lässt sein Bild anschließend in eine Filmsequenz mit Don Camillo und Peppone hineinmontieren. Keine Frage - so wie Salzburgs Getreidegasse sich mit Mozart die Kugel gibt, so machen sie es auch hier. Spielverderber dabei ist ausgerechnet Brescellos Videothek: Shining heißt sie, bietet Will Smith, Nicole Kidman oder James Bond, aber weder Peppone noch Camillo.

Zurück zur Piazza. Eine Touristin nimmt gerade ihren ganzen Mut und alle Italienisch-Brocken zusammen: "Buon giorno, Signore, lei è Don Camillo?" "Si si", antwortet er und stellt sich in einem Gemisch aus Italienisch, Englisch und Gebärdensprache als offizieller Camillo-Darsteller des Ortes vor - seit 37 Jahren im Dienst. Buchbar über das Rathausbüro, also genaugenommen bei seinem Dauer-Widersacher, sagt er mit gespielter Verärgerung und weist darauf hin, dass Peppone gleich ebenfalls erscheinen wird, bestellt - so wie er auch - von einer Nürnberger Reisegruppe. Bis deren Bus um die Ecke rollt, muss die Don Camillo-Kopie reichlich übers Original plaudern. Ja, die Dreharbeiten Anfang der Fünfzigerjahre: der Ort im Belagerungszustand, mit hunderten Komparsen. Nicht nur wegen der Massenszenen, etwa einer von Peppone angezettelten Demonstration. Nein, vor allem wegen der Salami, Panini und Äpfel. Diese Essensration holten sich viele der Bewohner ab, erschienen aber nie beim Dreh.

Pfiffig sind sie hier, die Leute im "mondo piccolo", der "kleinen Welt", die der Autor von Don Camillo und Peppone in seinen Büchern beschreibt. "Dieser Giovanni Guareschi, ein Satiriker aus der Gegend, sah Gino Cervi, dem Peppone-Darsteller, zum Verwechseln ähnlich", erzählt das Don-Camillo-Double: "Mehrfach vertrat Guareschi den erkrankten Hauptdarsteller vor der Kamera, stellte sich aber einmal so tolpatschig an, dass er bei einer zu drehenden Rauferei einen Schauspieler krankenhausreif schlug." Unvergessen auch, dass sowohl die kommunistische Partei Italiens als auch die katholische Kirche versuchten, den ersten Film zu verhindern. Beide hatten gleichermaßen Angst vor Verunglimpfung, und der Vatikan schickte sogar einen "Berater". Der sorgte dafür, dass die italienische Fassung des Films deutlich entschärfter ist als die französische. In diesem Moment unterbricht das Don-Camillo-Double seinen Anekdotenreigen. "Ah, communista!", ruft er über die Piazza. Die Begrüßung für seinen Widerpart, den Peppone-Darsteller. Perfekt gestylt mit Schnauzer, grimmigem Blick und rotem Halstuch sowie angriffslustig hinter seine Hosenträger geklemmten Daumen stürmt er heran.

Nach einem witzigen Begrüßungs-Scharmützel ziehen die beiden mit ihren Gästen zunächst über den Camillo-&-Peppone-Rundweg zu diversen Filmschauplätzen und dann ins nahe Filmmuseum. (Stephan Brünjes/DER STANDARD/Rondo/27.05.2010)