Air Dolomiti fliegt den Aeropuerto Federico Fellini von Wien aus samstags und sonntags an.

Foto: Sandro Bedessi/Enit

Grand Hotel Rimini, Parco Federico Fellini, Tel.: 00 39/0541/560 00, Rimini.

Foto: Grand Hotel Rimini

Fondazione Federico Fellini, Tel.: 0039/0541/ 500 85.

Grafik: DER STANDARD

Zwei Buben mit Streichholzbeinen schleichen nachts um das zuckergussweiße Grand Hotel. Im Schutz der Kastanien bestaunen sie die Glitzergesellschaft des Jugendstilquartiers: Frauen mit tief ausgeschnittenen Rückendekolletés, Männer im Smoking und Autos mit fast sinnlichen Kurven. Die Szene spielt im Rimini der Dreißigerjahre, die Jungs heißen Federico und Titta. Einer von ihnen, Federico, wird mit 20 Jahren nach Rom gehen, dort als Regisseur Weltruhm erlangen, fünf Oscars erhalten - und in Drehpausen nur noch im Grand Hotel seiner Heimatstadt wohnen.

Im Jahr 2010 feiert die Provinzhauptstadt Rimini mit Verve den 90. Geburtstag ihres berühmtesten Sohnes - Federico Fellini: Am Strand vor dem Grand Hotel flimmern seine Filme abends über die Großleinwand. Die Pâtisserie Rinaldini hat eine La Dolce Vita-Torte mit Marzipan-Filmrolle kreiert. Auch die Notte Rosa am 2. Juli sollte ganz im Zeichen des süßen Lebens an der Riviera stehen. Etwas getrübt ist die Geburtstagslaune lediglich durch die Tatsache, dass eine große Ausstellung über Federico Fellinis Lebenswerk in Bologna gezeigt wird und nicht in Rimini. Ansonsten aber ist man in der Adria-Stadt das ganze Jahr vollkommen auf den Regisseur eingestellt: Der kleine Flughafen für Rimini und den nahen Zwergstaat San Marino nennt sich sowieso Aeroporto Federico Fellini. Am Meer trägt eine ganze Horde kleiner Straßen die Namen seiner Filme: Via Roma Città Aperta, Via Il Casanova De Fellini, Via La Strada, Via I Clowns und viele andere. Und der Wellnessbereich des Hotels heißt jetzt "Rex", wie der Ozeandampfer im Streifen Amarcord.

Jenen Film aus dem Jahre 1973, hierzulande relativ unbekannt, sollte man sich vor einer Reise nach Rimini unbedingt anschauen. Zwar wurden alle Szenen in der römischen Filmstadt Cinecittà gedreht, doch der Geist Riminis scheint in jeder Einstellung durch. Denn in Amarcord - im romagnolischen Dialekt "Ich erinnere mich" - erinnerte Fellini sich an seine Kindheit im Rimini der Dreißigerjahre. Der Film beschreibt das Leben des 16-jährigen Titta in der Provinz, eingezwängt zwischen Katholizismus und aufkommendem Faschismus. Aber es ist nicht das realistische Rimini, sondern eine skurrile Poesieversion der Stadt in der Emilia-Romagna.

In Rimini, wo Fellini am 20. Jänner 1920 zur Welt kam, wird man sich an viele Szenen des Films erinnert fühlen: etwa am alten Fulgor-Kino am Corso d'Augusto, dem Fellini in Roma und Amarcord ein Denkmal setzte. In seiner Kindheit war das Kino ein magischer Ort. Hier sahen er und Titta sich Filme an, besonders im Winter, wenn das Leben in der Provinz Pause machte, und klauten zwischendurch Lire-Münzen aus den Manteltaschen der Garderobe.

Heute ist das alte Kino mit den steinernen Säulen verschlossen und mit Filmszenen verhüllt. Nach größerem Umbau soll es in einigen Jahren Domizil der Fondazione Federico Fellini werden. Die Stiftung archiviert Devotionalien rund um den Regisseur und stellt sie aus: Szenenskizzen und Zeichnungen des Maestro, Kostüme, Requisiten, nostalgische Filmplakate. Auch das angegilbte Drehbuch von Le notti di Cabiria aus den Fünfzigerjahren wird, im Schutze einer Vitrine, von der Stiftung verwahrt.

Auf andere Weise präsent ist der Regisseur im ehemaligen Fischerviertel San Giuliano. Fassadenmalereien auf den geduckten Häuschen zeigen Filmszenen: Marcello Mastroianni und Anita Ekberg beim Kuss in La Dolce Vita, Giulietta Masina in La Strada, Claudia Cardinale in Otto e mezzo, Fellini selbst mit leuchtend rotem Schal. Schon als Kind fühlte er sich von diesem quirligen Viertel angezogen: "Ich sah", erinnerte er sich später einmal, "wie die Skelette der Boote gebaut wurden. Man konnte sich auch das Gezänk der Fischweiber vorstellen, ein Leben, das nichts zu tun hatte mit den Deutschen, die im Daimler-Benz ans Meer kamen."

Fellinis Jugendfreund Titta Benzi ist mittlerweile pensionierter Anwalt. Auf der 100-Jahr-Feier des Grand Hotels vor einigen Jahren konnte man ihn mit Fellinis Nichte Francesca plaudern sehen. Federico Fellini selbst starb am 31. Oktober 1993 in Rom. Trotz seiner Vorbehalte gegen Rimini, gegen den Tourismus, die Provinzialität, wollte er in seiner Heimatstadt beerdigt werden.

Der Grabstein für ihn, seinen als Säugling verstorbenen Sohn und seine Frau Giulietta Masina ist eher ein Kunstwerk: Ein metallener, die Kreuze ringsum überragender Schiffsbug nimmt Anleihe bei dem Ozeandampfer Rex, der in Amarcord von den Menschen des Ortes bestaunt wird. (Anja Burkel/DER STANDARD/Rondo/13.08.2010)