Einblick in die "stilwerk Design Gallery by Engelhorn & Turkiewicz". Bis zur Eröffnung wird auch der Fuß- boden fertig sein.

Foto: M. Turkiewicz, Stilwerk

Stilwerk-Geschäftsführer Alexander Garbe spricht nicht von Konkurrenz unter den Geschäften. Er sieht den "Design-Concept-Store" als eine Kooperation.

Foto: M. Turkiewicz, Stilwerk

Alle guten Dinge sind vier. Nach Hamburg, Berlin und Düsseldorf sperrt nun am 4. Dezember auch in Wien das sogenannte Stilwerk ein Geschäft auf. Wobei Geschäft nicht gerade der richtige Ausdruck für etwas ist, dass es in dieser Form in Österreich noch nicht gegeben hat. 30 Shops präsentieren in dem vom französischen Stararchitekten entworfenen Glasgebäude am Donaukanal auf 6000 Quadratmetern Markenware aus den Bereichen Möbel, Wohnaccessoires, Büroeinrichtung, Kunsteditionen, Stoffe, Küchen, Bäder usw. Das heißt, eigentlich sind auf Nachfrage bei Stilwerk- Boss Alexander Garbe erst 70 Prozent der Fläche vermietet. Der Rest sei allerdings einigermaßen reserviert. Über Quadratmeterpreise im "Design-Concept-Store", wie Garbe das Stilwerk nennt, schweigt er. In Hamburg, wo 1996 das erste Stilwerk in einem denkmalgeschützten Gebäude am Hafen aufsperrte, gibt es Hochwertiges auf 11.000 Quadratmetern, in Berlin auf 20.000 Quadratmetern. Nur zur Größen-Orientierung: Ikea verfügt in Wien-Vösendorf über eine Verkaufsfläche von 35.000 Quadratmetern. Apropos Fläche: Dass Möbelschauen hungrig macht, weiß man nicht nur aus der Fleischbällchenabteilung beim schwedischen Möbelriesen. Im Stilwerk kann man sich deshalb an Speisen von Haya Molcho laben, die ihr Restaurant hier "Neni im Zweiten" nennt - sozusagen das Nachfolgemodell ihres brummenden Ladens "Neni" am Naschmarkt.

Klingende Topmarke

Es ist weniger die Fläche, die den Standort Wien von den deutschen Stilwerken unterscheidet. Vielmehr gehen einem hier vorerst die klingenden Namen ab, mit denen man sich in Deutschland schmückt. Liest man dort von Marken wie Bulthaup, Ligne Roset, Bang & Olufson, Kartell oder Cor, sind es in Wien Unternehmen, die in Sachen Namedropping-Tauglichkeit nicht zur allerersten Wahl zählen, was nichts über die Qualität der angebotenen Kollektionen aussagen soll. Als Beispiele seien Will-Manufaktur, Siematic, Bretz oder Mörtz Naturstein und Beza erwähnt. Man mag mutmaßen, dass manch klingende Topmarke es nicht für nötig oder rentabel hält, ihren angestammten Flagshipstore am Ring oder sonst wo zu verlassen, um in den 75 Meter hohen, klotzartigen Turm von Pritzker-Preisträger Nouvel zu siedeln. In dem sind übrigens auch ein Hotel der Luxuskette Sofitel mit dem irreführenden Namen "Vienna Stephansdom" sowie das ebenso eigenartig benamste Edelrestaurant "Le Loft" untergebracht.

Stilwerk-Chef Garbe bestätigt die Mutmaßung bis zu einem gewissen Grad. Andererseits sieht er die Sache entspannt: "In den eingemieteten Geschäften sind die Topmarken durchaus vertreten, nicht durch Brand-Stores, sondern durch Multibrand-Stores. Das heißt, dadurch wird das Angebot viel breiter." Auf einen Unterschied zwischen dem deutschen und dem österreichischen Kunden angesprochen, sagt Garbe: "Ich denke, dass Österreicher designaffiner sind und mehr Wert auf Lebensart legen. Gerade in Wien gehört es zum guten Ton, sich darum zu kümmern. Genuss und schöne Dinge sind in Wien sehr präsent." Der Österreicher sei dem Italiener also durchaus näher als der Deutsche, sagt Garbe weiter, und das ist doch nett von ihm. Irgendwie. Dass sich die einzelnen Anbieter selbst Konkurrenz machen, glaubt Garbe nicht. "Punkt ist, dass sich manche Produkte ähnlich sind. Sie sind aber niemals die gleichen. Keine Marke ist zweimal vertreten.

Design und Gegenwartskunst

Das Motto lautet Kooperation statt Konkurrenz. Es geht uns also um Vielfalt", so der Chef. Aus der Herde der auf der Life-Style-Kauf-Meile untergebrachten Mieter sticht vor allem einer heraus: Klaus Engelhorn, Wiener Designauskenner der ersten Stunde, der auch eine Galerie für Topstücke aller Art in Ottakring betreibt, wird sich ebenfalls mit seinem Partner auf gut 250 Quadratmetern im Stilwerk einmieten. "Stilwerk by Klaus Engelhorn und Michael Turkiewicz" versteht sich als Galerie und wird auch hier österreichisches Design und Gegenwartskunst wie etwa von Polka oder den Durchstartern mischer'traxler präsentieren. Aber nicht nur das, auch die internationale Formensprache, zum Beispiel eines Ross Lovegrove, wird in ihrer Galerie zu sehen sein. Engelhorn will einerseits näher ins Zentrum rücken und sieht das Stilwerk weiters als Chance, das Thema Design gebündelt dem Wiener Herzen ein Stück näherzubringen. Wie das alles ankommen wird, steht laut Engelhorn allerdings noch in den Sternen. Apropos Sterne: Hoch oben gibt's im Haus am Donaukanal die "Lichtdecken" der Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist zu sehen. Im großen Wintergarten tummeln sich dort oben in Form von Lichtkunstwerken unter anderem Goldfische in der Größe von Moby Dick und verwandeln den Himmel in ein überdimensionales Aquarium. Bleibt zu wünschen, dass ein schönes Stück Designzuwachs in Wien nicht baden geht. (Michael Hausenblas/Der Standard/rondo/26/11/2010)