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Jetzt haben wir jahrzentelang gedacht, wir hätten das verstanden mit den Bienen und den Blümchen - dabei ist alles anders.

Foto: APA/Frank Rumpenhorst

G'scheit daherreden ist unglaublich einfach. Man nimmt dazu eine Prise Bildung, eine Handvoll Einbildung und den Mund deutlich zu voll. Hier der Beweis - jetzt sag ich es Ihnen: Was die ganzen Hobbybotaniker, Pseudogärtner und Möchtegern-Floristen Blume nennen, ist in der Regel gar keine Blume. Ha! - Da haben Sie es, jetzt wissen Sie es. Es ist eine Blüte. Denn eine Blume ist in Wahrheit die Bestäubungseinheit einer Blüte, welche ihrerseits wieder ein Spross begrenzten Wachstums mit sexueller Funktion darstellt. Alles klar?

Es kann eine Blüte demnach aus mehreren Blumen bestehen. Es geht aber auch umgekehrt und eine Blume setzt sich aus mehreren Blüten zusammen. So einfach ist das. Sagen Sie einfach irgendetwas, und es wird richtig sein. Klassiker unter den Blumen, die aus mehreren Blüten bestehen, sind das Gänseblümchen und die Sonnenblume. In ihrem Fall spricht man von Pseudanthien. Die Lilien hingegen bauen eine Blüte aus drei Blumen, aus drei Meranthien auf. Was gilt, ist die Blume genannte Bestäubungseinheit. Und obwohl wir hier von sexueller Funktion lesen, will bei dem Begriff Bestäubungseinheit so gar kein erotisches Prickeln aufkommen. Was braucht es für guten Pflanzensex, für das Bestäuben? Wie sieht so eine Einheit aus? Wenn man den gesamten Lockapparat einer Blüte beiseite lassen möchte, ist der namensgebende Staub natürlich wichtig, gemeint sind die Pollen der "männlichen" Pflanze. Was bei Menschenmännern im Sack vor sich geht, ist bei Pflanzen an den Staubblättern im Pollensack zu beobachten. Darin sitzt die Pollenmutterzelle, dick, behäbig, aber freundlich. Ich lobbyiere übrigens schon seit Jahren, auch in Brüssel, dafür, sie Pollenvaterzelle zu nennen. Das würde die Drop-out-Rate im ersten Abschnitt des Diplomstudiums Biologie deutlich senken und die Zahl der akademisch ausgeschlafenen Botaniker signifikant heben.

Wie auch immer, diese Zelle teilt sich in Folge zu Pollenkörnern mit halbem Chromosomensatz. Quasi das Sperma der Pflanze. Dieses wird durch Wind, Wasser, Hummelflug oder Züchterhand auf den "weiblichen" Teil gebracht, das Fruchtblatt. Liebemachen auf Distanz, wie trist. Tief im Fruchtblatt drin entwickelt sich die Eizelle, während am Fruchtblatt außen die Pollen auf der klebrigen Narbe picken bleiben. Das Besondere, ja abartig Eigenartige daran: Die haploiden Pollenkörner wie auch die noch haploide Eizelle differenzieren sich, betreiben Zellteilungen und werden daher von gewieften Botanikern als eigene Generation bezeichnet - als Gametophyt. Diese Gametophyten sind kleine, selbstständige Wesen, deren Zweck ausschließlich Sex ist. Malen Sie sich das einmal bei uns Menschen aus. Da würden sich Follikel und Sperma ausdifferenzieren, wachsen und als kleine Lebewesen neben oder gar auf uns koexistieren. Will das wer? Bekämen diese Wesen Namen? Wie auch immer, diese Gametophyten entwickeln Sexualorgane, diese erzeugen wiederum Geschlechtszellen. Verschmelzen männliche und weibliche Geschlechtszelle, so ist die Befruchtung erfolgt. Das alles sollten Sie bedenken, wenn Sie beim nächsten Mal einen Blumen-, äh, Blütenstrauß kaufen. (Gregor Fauma/Der Standard/rondo/25/02/2011)