Philipp Bierbaum trägt Mode von Diesel.

Foto: Gregor Titze
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Der Cardigan ist von Levi's.

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Es gibt wenige Berufe, deren Bild in der Öffentlichkeit dermaßen schillert wie jener von Models. Und es gibt wenige Berufe, bei denen Außen- und Innenperspektive dermaßen auseinanderfallen. "90 Prozent dieses Jobs besteht aus Wartezeit", sagt Philipp Bierbaum, "aus purer Langeweile." Bierbaum stammt aus Baden bei Wien, ist 24 und seit etwa vier Jahren das, was man in der Branche ein typisches Laufstegmodel nennt. Jede Saison von neuem packt er sein Köfferchen und tingelt durch die internationalen Modestädte. Erst werden Sedkarten verschickt, dann wird man zum Casting eingeladen, und nach ein oder zwei Anproben und Probedurchläufen, führt man schließlich die neue Mode von Versace, Marc Jacobs oder Jean Paul Gaultier vor. "Sechsmal wurde ich in den vergangenen Jahren von Prada gebucht", sagt Bierbaum und lächelt dabei wissend in sich hinein. So oft wie kein anderes österreichisches Model neben ihm.

Andere tauchen zwar häufiger in Werbekampagnen auf (zum Beispiel der Wiener Patrick Kafka) - der schlacksige, 1,90 Meter große Bierbaum aber ist derjenige, der in Mailand innerhalb von drei, vier Tagen mitunter auf fünfzehn Laufstegen zu sehen ist. "Am Ende der Shows", sagt er, "geht man dann allerdings am Zahn." Trotz der vielen Warterei (oder vielleicht auch wegen) ist Modeln ein Knochenjob. Allzu zart sollte man dafür nicht besaitet sein. "Man steht um sechs auf, und man kommt um zwölf nach Hause, wer da noch Zeit hat, auf eine Party zu gehen, der ist entweder schlecht gebucht oder ein Superstar." Und davon gibt es bei den Männermodels kaum welche.

Studium oder Titel in der Kleinfeldliga

Nur wirkliche Insider kennen die Namen der Burschen, die auf den wichtigen Laufstegen oder in den großen Kampagnen zu sehen sind. In den meisten Fällen verdienen sie weder besonders viel (die Agenturen streifen einen beträchtlichen Teil ein), noch werden sie auf der Straße erkannt. Und auch mit den Zukunftsperspektiven sieht es schlecht aus.

Nach eineinhalb Jahren, in denen Bierbaum in Paris lebte, und einem Jahr in London ist der passionierte Fußballspieler (in der Kleinfeldliga) jetzt wieder nach Österreich übersiedelt. Zwei Prüfungen des BWL-Studiums, das er gerade aufgenommen hat, hat er bereits hinter sich, für Kampagnen und zu den Laufstegshows wird der Bursche mit der spitzen Nase aber weiterhin in den Flieger steigen. "Ich habe in den vergangenen Jahren mehr von der Welt gesehen als meine gesamte Familie zusammen", sagt er, "solange ich gebucht werde, mache ich weiter." Glücklicherweise ist das bei Männermodels gemeinhin länger möglich als bei Frauen. Und falls es dann doch einmal nicht mehr klappt, dann hat Bierbaum hoffentlich ein Studium in der Tasche. Oder den Titel in der Kleinfeldliga. (Stephan Hilpold/Der Standard/rondo/11/11/2011)