Designerin Karin Krapfenbauer: "Wir haben eine Art Mantel aus einem klassischen Anzugstoff aus Wolle mit verdeckter Knopfleiste entworfen."

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So ganz ohne geht es dann doch nicht. Eva Blimlingers Vorgänger verzichtete auf ein Amtskleid, die frisch gebackene Rektorin der Wiener "Akademie der Bildenden Künste" geht anders an die Sache ran: Sie lässt das akademische Kleidungsstück, unter dem die 1968er noch den "Muff von 1000 Jahren" verorteten, anlässlich ihrer Inauguration neu interpretieren, denn: "Durch das einfache Weglassen der Talare verschwindet dieser Muff nicht. Dazu braucht es weitreichendere Handlungen, die wir als erstes weibliches Rektorat auch zu setzen gedenken."

Statt pelzbesetzter Umhänge ist an der Bildenden nun künstlerische Intervention am Amtskleid angesagt: Das österreichische Modeduo "House of the Very Islands ..." durfte dem Design des Talars an den Kragen gehen und sich des Amtskleid, das sich im 16. Jahrhundert aus der "Schaube", einem Obergewand für Männer, entwickelt hat, vorknöpfen.

"Ich trug den Holzmeister-Talar"

Das Endergebnis hat wenig gemein mit den historischen Umhängen der Akademie, die noch von ehemaligen Rektoren des Hauses entworfen wurden: Architekt Clemens Holzmeister designte einen schwarzen Talar mit Hermelinkragen, Lois Egg, Leiter der Meisterschule für Bühnenbild und 1970 kurzzeitig Rektor, erdachte ein hellgraues Modell mit rotem Randstreifen am Kragen. Die historischen Talare wurden sogar weitervererbt. Franz Mairinger, ebenfalls ehemaliger Rektor, erinnert sich: "Ich trug den Holzmeister-Talar."

Das neue Modell hingegen will Konventionen über Bord werfen. Erstmals wurde ein Talar für drei Frauen, die Rektorin und die beiden Vizerektorinnen, in identer Ausführung entwickelt. Mit einem angedeuteten Revers-Element lehnt sich dessen Gestaltung an einen Anzug an. Designerin Karin Krapfenbauer: "Wir haben eine Art Mantel aus einem klassischen Anzugstoff aus Wolle mit verdeckter Knopfleiste entworfen."

Auf der Brust prangt ein rotes, maschinell aufgesticktes Logo der Akademie als Corporate Identity. Der Vorstoß der Bildenden scheint ganz dem Zeitgeist zu entsprechen. Schon 2008 ließ die Universität für Bodenkultur das Amtskleid der damaligen Rektorin Ingela Bruner vom Designerduo "Wendy & Jim" gestalten, und auch in Deutschland, wo Talare nach 1968 lange als verpönt galten, erleben sie derzeit ein Comeback: Akademische Umhänge aus Polyester können mittlerweile mit einem Klick in zahlreichen Online-Shops bestellt werden. (Anne Feldkamp/Der Standard/rondo/25/11/2011)