Ausstellungsansicht im Mak.

Foto: Mak / Georg Mayer; Chloe Potter

Hocker "pilot", der auf der Mailänder Möbelmesse seinen ersten großen Auftritt haben wird.

Foto: Mak / Georg Mayer; Chloe Potter

Patrick Rampelotto

Foto: Mak / Georg Mayer; Chloe Potter

Ein Zufall nach dem Mittagessen: Der Designer Patrick Rampelotto war mit einem Geschäftspartner in Oberösterreich unterwegs, der ihm nach dem mittäglichen Mahl noch schnell etwas zeigen wollte. Man parkte bei der Firma Hammerschmid Maschinenbau GmbH in der Nähe von Linz, kurz darauf war es um Rampelotto geschehen. "Das war so unglaublich cool. Da stand diese selbstgebaute Maschine, aus der dieser weiße Schaum quoll", erinnert sich der aus Südtirol stammende Gestalter ein Jahr zurück.

Der Schaum ist sogenanntes 3-D expandiertes Polypropylen, das bei einer Temperatur von 140 Grad binnen Sekunden verarbeitet werden muss und von den Tüftlern bei Hammerschmid entwickelt wurde, um damit vor allem in der Fahrzeugindustrie Aufträge zu lukrieren. Als einzig bekannte Kunststoffart ist das Material schäumbar, lichtdurchlässig, und - im Gegensatz zu Polyurethan biologisch abbaubar. Jedenfalls ließ das Zeug Rampelotto keine Ruhe. Er klopfte abermals bei Hammerschmid an und fragte, warum sie es denn nicht mit einem Sessel statt mit einer Karosserie versuchen wollten. Schließlich könnten beide Seiten voneinander lernen. Dass man dem Designer Einlass gewährte, und nicht nur das, davon kann man sich nun in der Schau Adventures in Foam über-zeugen.

Es ist eine ruhige, sehr angenehm arrangierte Ausstellung in der Mak-Studiensammlung Möbel, und so kunstoffen Rampelottos Objekte auch sein mögen, fast magnetisch ziehen sie einen an, und man hofft, dass der Aufseher gerade gähnt, als man nicht mehr widerstehen kann und das Material dann doch zwickt.

Sitz eines Traktors

Mitten im Raum findet sich ein Hocker namens "pilot", der vom belgischen Label Qinze & Milan produziert wird und der auf der diesjährigen Mailänder Möbelmesse seinen ersten ganz großen Auftritt haben wird. "Pilot" ist ein einfacher Hocker, dessen vier Holzbeine sich in die weiße Kunststoffsitzschale bohren, die an den Sitz eines Traktors erinnert.

"Pilot" ist aber im Gegensatz zu den anderen Schaumobjekten vor Ort das einzige, das als Serienprodukt in den Handel kommt - kommen kann. Ansonsten gibt es nämlich allerlei Formenexperimente zu betrachten: Sitzflächen, Lampenschirme, Gefäße wie aus dem Haushalt einer ausgeflippten Schneekönigin. Die Oberflächen erinnern an gebleichte Hummerchips mit Runzel-Ornament, an Meringues zum Draufsitzen, Rasierschaumhäubchen oder Schneeverwehungen en miniature. Wie die Formgebung konkret funktioniert, zeigt ein Video in der Ausstellung, das nach Aphrodite, der Schaumgeborenen, benannt ist. Es sind übrigens auch einige wenige ältere Objekte des Designers, wie zum Beispiel seine Lobmeyr-Schalen "Plic", im Mak zu sehen.

Das wilde Denken

Ganz offensichtlich liebt Rampelotto das Spiel mit Archetypen, sucht nach Vertrautem, bricht es und verleiht ihm einen Twist. Der 33-jährige Gestalter, der erst Jus studierte, dann auf der Angewandten in Wien landete, anschließend bei EOOS arbeitete und seither vor allem im Shop-, Möbeldesign und Modeaccessoire-Bereich tätig ist, beschäftigt sich gern mit den Materialien Glas, Silikon oder Filz in Verbindung mit traditionellen Fertigungsmethoden und Hightech-Produktion.

Bezüglich seiner Schaumwesen kommt er im Gespräch immer wieder auf den Anthropologen und Ethnologen Claude Lévi-Strauss und den in dessen Werk "Das wilde Denken" vorkommenden Begriff Bricolage zu sprechen, den mitunter abwertenden Begriff des Bastelns. Genau dieses Basteln will er dem Ingenieurswesen gegenüberstellen, das nach einem fertigen Objekt sucht. Der Designer will Abweichungen und Experimente zulassen, die wie zufällig Neues bringen. Es geht Rampelotto auch darum, das Entwurfspotenzial eines Werkstoffes sichtbar zu machen, Design als Strategie zu zeigen. Dabei kommt sehr gegensätzliches zutage: auf der einen Seite ein voll serienreifes Möbel wie "pilot", auf der anderen Seite überraschende, experimentelle Objekte, die zeigen, wie verspielt Design sein kann oder vielleicht manchmal auch sein muss, um eine neue Formensprache zu finden. (Michael Hausenblas/Der Standard/rondo/17/02/2012)