Bild nicht mehr verfügbar.

Ein "Gewohnheitsrecht auf Schach kann es nicht geben"

Foto: APA/Gindl

Wiens Schachspieler dürften ein ziemlich unguter Haufen von Querulanten sein. Ein Menschenschlag, der auch vor an Erpressung gemahnende Methoden zur Durchsetzung seiner Wünsche nicht zurückschreckt. Diese Formulierung, meint Herbert Frotzler, "ist nicht überzogen. Ich sehe das durchaus so."

Frotzler weiß wovon er spricht: Als einer der Geschäftsführer der Vivat Gastronomie Ges.m.b.H – und in dieser Funktion als Betreiber des Café Museums am Wiener Karlsplatz – muss er sich seit Dezember mit renitenten Schachspielern herumschlagen: "Mich wundert ohnehin, dass wir erst jetzt auf das Thema angesprochen werden".

Es war allerdings nicht Wiens konspirative Schach- Camorra, sondern ein Student der sich verwundert an die Öffentlichkeit wandte: Eines Abends und nachdem er lange Zeit nicht im frisch renovierten Traditionscafé gewesen war, so der junge Mann, habe er sein Brett ausgepackt. Und sei vom Kellner prompt aufgefordert worden, sein Treiben sofort abzustellen.

Kein Witz

Das, bestätigt Herbert Frotzler, sei weder Scherz noch Irrtum: Schachspielen ist im Café Museum unerwünscht. "Die Zeiten ändern sich eben."

Dabei war das Traditionscafé am Karlsplatz bis zu seiner Übernahme, Sperre, Renovierung und Wiedereröffnung (vergangenen Herbst) durch die Vivat-Gruppe Lokal gewordene Kaffeehaus-Schachkultur: Der Nebenraum (das‑ "Beethovenzimmer") war seit Menschengedenken Heimstatt von Schachspielern aller Alters- und Spielklassen. Mehr Wien, waren sich Chronisten der Wiener Kaffeehauskultur stets einig, gibt es nicht.

Als die Vivat-Gruppe das vom Zahn der Zeit stark mitgenommene Traditionskaffeehaus übernahm, versprach das bis dahin eher auf Spitalsgastronomie spezialisierte Unternehmen, das Museum originalgetreu nach den Plänen von Adolf Loos wiederherzustellen. Frotzlers Partner in der Vivat-Geschäftsführung, Werner Holzer, versicherte im September 2003, keine Touristenkneipe errichten zu wollen: "An diesem Ort hat man als Unternehmer auch eine kulturelle Verpflichtung."

"Kein Gewohnheitsrecht"

Aber: die Schachspieler, erklärt Frotzler, hätten darauf gepocht, "jeden Nachmittag und Abend zu spielen – aber wir wollen den Raum für Veranstaltungen nutzen." Ein "Gewohnheitsrecht auf Schach kann es nicht geben".

Kaffeehäusliche Schach- Anarchie – also die von den Betreibern nicht koordinierte "Inbetriebnahme" von Schachbrettern – käme schon gar nicht in Frage. Gegen den Vorwurf, so ein Stück Tradition zu vernichten, verwahrt sich der Museums-Cafetier: Gegen "regelmäßige, mit uns abgesprochene Clubabende haben wir ja nichts – aber die Schachspieler lassen nicht mit sich reden." (Thomas Rottenberg, Der Standard, Printausgabe, 02.03.2004)