Wer Musik "saugt" muss damit rechnen zur Verantwortung gezogen zu werden, betont der Geschäftsführer der IFPI Österreich im Franz Medwenitsch Webstandard E-Mail-Interview.

Der Kampf der Musikindustrie gegen den kostenlosen Tausch von Musiktiteln im Internet dauert nun schon einige Zeit, über dessen Erfolg gibt es unterschiedliche Meinungen. Während in den USA bereits zahlreiche NutzerInnen verschiedener Online-Tauschbörsen geklagt wurden, steht dieser Schritt in Österreich noch aus, könnte jedoch auch bald zur Realität werden.

In Österreich vertritt die IFPI Österreich als Verband der Österreichischen Musikwirtschaft seine Mitglieder in allen firmenübergreifenden Fragen. Ein Hauptziel des Verbandes ist dabei die Bekämpfung von Musikpiraterie.

Über die Fortschritte der Musikindustrie, die Effekte der IFPI Aufklärungskampagne, die Strafen die bei Urheberrechtsverletzungen drohen und mehr spricht Franz Medwenitsch, Geschäftsführer des Verbands, im folgenden Webstandard E-Mail-Interview.

Webstandard: Im letzen E-Mail-Interview haben Sie angekündigt, das User von P2P-Tauschbörsen zunehmend damit rechnen müssen zur Verantwortung gezogen zu werden. Stehen bald auch in Österreich erste Klagen ins Haus?

Medwenitsch: Klagen sind kein vorrangiges Ziel. Unser Ziel ist es, in Österreich die Entwicklung eines legalen Online-Musikmarktes zu ermöglichen und zu fördern. Wir setzen primär auf Information und Aufklärung und das wirkt auch bereits. Das Bewusstsein hat sich geändert. Es gibt kaum noch jemanden, der nicht weiß, dass P2P-Dienste illegal sind. Wer es dennoch riskiert, Gesetze zu verletzen, muss doch immer damit rechnen, zur Verantwortung gezogen zu werden.

Webstandard: Zahlreiche Medien – auch der Webstandard – berichten über Tauschbörsen, deren Weiterentwicklung und Einsatzmöglichkeiten. Sehen Sie darin eine Verharmlosung des Problems?

Medwenitsch: Ja, keine Frage. Denn die meisten Berichte stehen doch unter dem Motto: Filesharen, aber richtig gemacht ... Nur wenige Artikel beschäftigen sich mit den massiv negativen Folgen der sog. "Gratis-Musik" für die Musikbranche, für die Künstler, die Kreativen, die Verlage, die Labels und für die Jobs in dieser Branche. Mehr als tausend wurden allein in Österreich bereits vernichtet. Das sind unangenehme Realitäten, über die man wenig liest. Da schwingt schon eher neben der Verharmlosung auch nicht zuwenig Schadenfreude mit.

Webstandard: Der Verband der Österreichischen Musikwirtschaft (IFPI) hat wie im Webstandard berichtet direkte Nachrichten, so genannte "Instant Messages" an österreichische Tauschbörsen-User, die Songs ohne Zustimmung der Rechteinhaber anbieten, gesendet. Wie viele User in Österreich haben diese Nachrichten erhalten?

Medwenitsch: Gemessen an der Größe Österreichs wurden seit Dezember 2003 mehr Instant Messages an illegale Uploader versandt als in Deutschland. Das ist eine alles andere als erfreuliche Bilanz. Wir stellen auch fest, dass die meisten Up- und Downloads nicht am Abend und zum Wochenende stattfinden, sondern tagsüber, offensichtlich von leistungsstarken Firmennetzwerken.

Webstandard: Konnte ein positiver Effekt dieser "Aufklärungskampagne" festgestellt werden?

Medwenitsch: Instant Messaging ist nur einer von mehreren Bausteinen unserer Informations- und Aufklärungskampagne. Schon zuvor haben wir Informationsmaterial zum Thema "Urheberrecht und IT-Sicherheit" an mehrere hundert österreichische Firmen und größere Organisationen versandt, in denen wir auf die rechtlichen Risken und auf die Gefahren für die IT-Sicherheit der EDV-Systeme durch die Installierung von Filesharing-Software aufmerksam gemacht haben. Dann kam der Launch von pro-music.org, einer Website, die über legale Musik on Demand-Dienste ebenso informiert, wie über das Thema Musik und Copyright im Internet. Mit der bisherigen Aufklärungskampagne wurde mit Sicherheit ein größeres Bewusstsein bei Internet-Usern dafür erzeugt, dass Musik durch geistiges Eigentum geschützt ist und daher nicht einfach kopiert und über das Internet weiterverteilt werden darf. Ob es mit Information und Aufklärung allein gelingt, illegale Tauschbörsen merkbar zurückzudrängen und den Markt für legale Music On Demand-Angebote zu öffnen, wird sich noch zeigen.

Webstandard: Wie wurden diese User ausfindig gemacht?

Medwenitsch: Man muss gar nichts speziell ausfindig machen. Jeder, der an einen P2P-Netzwerk teilnimmt, wird durch seine IP-Adresse für alle anderen Teilnehmer sichtbar. Die Anonymität, auf die sich viele offenbar verlassen, gibt es nicht.

Webstandard: Wurden diese Nachrichten nur an "Heavy User" gesendet oder an jeden User, auf dessen PC "illegale" Files gefunden wurden?

Medwenitsch: Wir verschicken Instant Messages an P2P-User, die Musikfiles von ihrem PC illegal im Internet anbieten. Diese Nachrichten enthalten Informationen an Tauschbörsen-User und werden unabhängig von der Anzahl der Files versandt.

Webstandard: Die IFPI hat eine "Internetdetektei" mit dem Aufspüren von österreichischen Nutzern der illegalen Tauschbörsen beauftragt (Der Webstandard berichtete). Wie kann man sich diese Suche vorstellen, gibt es hier auch eine Zusammenarbeit mit den Providern?

Medwenitsch: Da jeder, der an einer Tauschbörse teilnimmt über seine IP-Adresse sichtbar ist, braucht man keine "Internetdetektei". Man braucht nur einen technischen Dienstleister, der die Instant Messages versendet. Eine von uns angeblich beauftragte "Internetdetektei" kenne ich nicht.

Webstandard: Theoretisch drohen bei Urheberrechtsverletzungen Bußgelder von bis zu 120.000 Euro sowie Haftstrafen von bis zu sechs Monaten. Halten sie diese Strafen für angemessen?

Medwenitsch: Das ist der Strafrahmen, in dem sich das Gericht abhängig vom Einzelfall bewegen kann. Zur Angemessenheit nur ein Vergleich mit dem "normalen" Sachdiebstahl: 3 Jahre Haftstrafe bei einem Wert der gestohlenen Sache über 2.000,-- Euro und 1 bis 10 Jahre bei einem Wert über 40.000,- Euro. Diese Werte werden bei Urheberrechtsverletzungen – also beim Diebstahl geistigen Eigentums – nicht selten überschritten ....

Webstandard: Ab wie vielen "illegalen" Files am PC wird es für einen User "kritisch", können Sie eine "Faustregel" nennen?

Medwenitsch: Die einfache Faustregel lautet: Diebstahl geistigen Eigentums zahlt sich nicht aus. Vermeiden Sie jedes Risiko und nehmen Sie nicht an Filesharing teil.

Webstandard: Sie setzen sich für eine Senkung der Mehrwertssteuer auf Tonträger ein. Würde sich diese Senkung auch auf die Preise der CDs auswirken, würden CDs also tatsächlich billiger werden?

Medwenitsch: Der Handel hat zugesagt, die Senkung der Mehrwertsteuer 1:1 an den Konsumenten weiterzugeben.

Webstandard: Verschiedene Studien haben in der Vergangenheit versucht zu beweisen, dass sich die Zahl der Tauschbörsennutzer auf Grund des rigiden Vorgehens der Musikindustrie in den vergangenen Monaten reduziert hat. Im November des vergangenen Jahres ist die Anzahl der Tauschbörsennutzer jedoch laut den Marktforschern der NPD Group wieder gestiegen (Der Webstandard berichtete). Trotzdem kündigt die IFPI Österreich ein hartes Vorgehen nach amerikanischem Vorbild an. Muss nicht die Sinnhaftigkeit der Klagen bezweifelt werden?

Medwenitsch: Vor allem muss die Sinnhaftigkeit solcher Marktforschungen bezweifelt werden, denn sie sind zum Teil sehr widersprüchlich. Klagen sind immer das letzte Mittel. Sie machen aber jedenfalls Sinn, wenn intensive Information und Aufklärung schlicht ignoriert werden. Es geht auch um eine sehr grundsätzliche Frage: Was wäre das geistige Eigentum noch wert, würde es im Fall der Verletzung nicht verteidigt? (Klaus Kraigher)