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Johann Kräftner

FOTO: APA/ROBERT JAEGER
Er kaufe, sagt Johann Kräftner, Brillen im Dutzend (um 20 Euro das Stück), weil er permanent eine verliere. Und er schlafe derzeit pro Nacht nur drei bis vier Stunden, wenn er überhaupt dazu komme. Ein Übertreibungskünstler, könnte man meinen. Doch mitnichten: Der Direktor des Liechtenstein Museums beziehungsweise der Fürstlichen Sammlungen – also auch der Bestände in Vaduz – ist ein Meister nicht nur der Perfektion, sondern auch der Präzision.

Eine Gegenrecherche bei Fielmann kann daher getrost unterbleiben. Und dass seine Frau Helga, mit der er ungefähr seit 1976 verheiratet ist (man kann sich nicht alles merken), den gegenwärtigen Zustand "gerade noch erträgt", gesteht Kräftner ein. Aber nach drei Jahren intensivster Arbeit ist nun Entspannung in Sicht: Am Sonntag wird das Museum feierlich eröffnet.

Die letzten Monate waren auch für die Mitarbeiter hart, die ihn manchmal, wie Kräftner zugibt, gar verfluchten, weil er keine Ruhe gab. Denn er hat ziemlich exakte Vorstellungen von allem. Vom richtigen Ton der Wandfarbe wie vom Schnitt der Uniformen. Und er kontrollierte auch alles, prüfte selbst die Druckbögen der aktuellen Ausgabe von Parnass, weil sie das Museum zum Schwerpunktthema hat.

Für diese Zeitschrift arbeitet er schon seit Jahrzehnten als Autor und Fotograf. Nebenbei, versteht sich. Denn eigentlich ist der St. Pöltner, der über die architektonischen Sünden in der "Karikatur einer Prandtauerstadt" nur den Kopf schütteln kann, Architekt. Wenn auch keiner, der am Reißbrett hockt: Nach dem Ende seines Studiums (Dissertation über das österreichische Bürgerhaus) begann er am Institut für künstlerische Gestaltung an der TU Wien, dessen Leitung ihm 1998 übertragen wurde, zu lehren. Parallel dazu schrieb der Vater zweier Söhne Monografien zur Architekturgeschichte, er konzipierte Ausstellungen oder besorgte die Gestaltung – etwa im Kunsthistorischen Museum (zur Ägypten-Schau wie zu "Biene" Maya, wie er sagt), im Kunstforum, im Ausland.

Da er auch Kunstgeschichte studiert und sich zudem intensiv mit dem barocken Palais in der Roßau auseinander gesetzt hat und ein Faible für Gärten hat, war Kräftner, Jahrgang 1951, der ideale Kandidat für die Direktion des Liechtenstein Museums: 1999 wurde er mit dem Umbau beauftragt. Er betreute die Restaurierung, er bestimmte die Hängung, er schrieb die Texte für die Kataloge, er reist um die Welt, um Ankäufe zu tätigen et cetera.

Ob er überhaupt noch abschalten kann? Ja, sagt Kräftner. Denn sonst wäre er schon "mausetot". Sein Lebenselixier: Suppen. Sein Fitnessprogramm: Spaziergänge durch englische Landschaftsgärten. Aber nichts gibt mehr Kraft als die Chance, ein grandioses Museum aufzubauen. Kräftner hat sie bravourös genutzt. (DER STANDARD, Printausgabe, 26.3.2004)