Bild nicht mehr verfügbar.

Alles Wahlkampf? Für Benita Ferrero-Waldner hat ihr Konkurrent Heinz Fischer mittlerweile völlig Recht - "Frau sein allein ist zuwenig".
Foto: APA/PAUL O'DRISCOLL
Es sei sexistisch und eine Beleidigung von Frauen, zu sagen, "Frau sein allein ist zu wenig", meinte Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin Benita Ferrero-Waldner bei ihrem Wahlkampfauftakt in Vösendorf.

Die Aussage von Kurt Bergmann, dem Initiator ihrer Unterstützungskomitees, über die drei früheren Präsidentschaftskandidatinnen, sie seien "frustriert" und würden daher Heinz Fischer unterstützen, wollte Ferrero-Waldner jedoch nicht als "sexistisch" bezeichnen.

Laut Duden (1990) ist Sexismus eine "Haltung, Grundeinstellung, die darin besteht, einen Menschen allein aufgrund seines Geschlechts zu benachteiligen; insbesondere diskriminierendes Verhalten gegenüber Frauen". Sexismus ist nicht, wenn Frauen (wie Männer übrigens auch) bei Bewerbungen um politische Positionen oder Arbeitsplätze aufgrund ihrer inhaltlichen Qualifikationen und ihrer bisherigen politischen bzw. beruflichen Tätigkeiten geprüft und beurteilt werden.

Frauenförderung?

Bei der ÖVP-Präsidentschaftskandidatin lässt die Prüfung ihrer Aktivitäten zur Frauenförderung bzw. -gleichstellung im Außenamt den Schluss zu, dass sie Frauenförderung nur auf rhetorischer Ebene betreibt.

Fakten wie der beträchtliche Anstieg der Anzahl von Frauen als Botschafterinnen oder eine ansehnliche Erhöhung junger Diplomatinnen lassen sich keine finden. Im Gegenteil: Keine einzige der sieben Sektionen des Außenamtes wird derzeit von einer Frau geführt - eine geeignete weibliche Kandidatin zur Nachbesetzung der europapolitischen Sektion III hatte das falsche Parteibuch.

In der mit 1. Jänner 2004 neu ausgegliederten Austrian Development Agency ADA wurden sowohl Geschäftsführung als auch die vier Abteilungsleitungen mit Männern besetzt - so als ob es im Bereich der Entwicklungspolitik keine geeigneten Frauen gäbe. Unter den sechs vom Außenamt bestellten ADA-Aufsichtsratsmitgliedern findet sich keine einzige Frau. Weder für den diplomatischen Nachwuchs noch zur Verbesserung der Karrierechancen von Frauen gab es unter Ferrero-Waldner besondere Frauenförderaktivitäten.

Auch ihre Außenpolitik lässt frauenpolitisch zu wünschen übrig: So war Österreich mit seinen Dotationen (lediglich 60.000 Euro pro Jahr) für den UNO-Frauenfonds Unifem zwischen 2001 und 2003 ständig Schlusslicht innerhalb der EU. Ferrero-Waldner setzte - mit wenigen Ausnahmen - auf humanitäre und karitative Aktivitäten, die auch medial gut zu verkaufen waren. Etwa ihr Engagement für kriegsgeschädigte und kranke Kinder aus dem Irak, die sie mit breiter medialer Begleitung nach dem Irakkrieg 2003 nach Österreich holte. Übrigens gab es dafür auch kritische Worte von der Leiterin des UNO-Kinderhilfswerkes Unicef, Carol Bellamy.

"Sensibilität"

"Die Sensibilität für die sozial Schwachen" habe sie in der Entwicklungszusammenarbeit gelernt. Damit begründete Ferrero-Waldner beim Hearing der Grünen ihre Wahlkampfaktion "Benita hilft" - und übersieht dabei geflissentlich, dass der rein karitative Zugang, die Almosenmentalität gerade in der Entwicklungszusammenarbeit seit mindestens 40 Jahren nicht mehr "in" ist:

Es geht um nachhaltiges Engagement gegen strukturelle Gewalt und Armut. Auch in Österreich: Gegen die sozialen Schlechterstellungen der Bundesregierung hat Ferrero-Waldner als Außenministerin im Ministerrat nie ein Veto eingelegt. Und als sie bei ihrer Rede vor der UNO-Menschenrechtskommission am 16. März in Genf richtigerweise die Interventionsstellen als Errungenschaft Österreichs im Kampf gegen häusliche Gewalt gegen Frauen erwähnte, unterließ sie den Hinweis auf die massiven Finanzierungsschwierigkeiten, die diese Stellen unter der ÖVP-FPÖ-Regierung haben.

Mittlerweile hat anscheinend auch die Ministerin im Duden nachgelesen und ihren Fehler eingesehen: In ihrem Weblog ist von dem Vorwurf des Sexismus nichts mehr zu lesen - sie ist (Eintrag vom 18. März) zur Überzeugung gelangt, dass Heinz Fischer "völlig Recht" hat: Frau sein allein sei zu wenig. Es stimmt: Von einer Außenministerin und einer Präsidentschaftskandidatin, die ihr Frausein hervorstreicht, erwarte ich mir, dass sie in ihrem beruflichen Leben nachhaltig wirkende Initiativen zum Empowerment von Frauen setzt und gesetzt hat. Dies ist bei Ferrero-Waldner nicht der Fall. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 5.4.2004)