Stellen Sie sich vor, dass Sie das erste Mal in ein Geschäft einkaufen gehen. Gleich nach Betreten des Ladens machen Sie sich ein Bild: Scheinen die Innengestaltung angenehm, die Preise moderat, das Personal freundlich und kompetent und die Waren qualitativ hochwertig, steht einem Einkauf nichts mehr im Weg.

Und nun stellen Sie sich vor, dass Sie kein reales Geschäft betreten, sondern einen Onlineshop anklicken. Schon fallen alle Faktoren weg, die Ihnen in der realen Welt so viel Vertrauen in den Wert des Angebots vermittelt hätten, dass Sie sich letztlich zum Kauf entschließen. "Vertrauen ist eine zentrale Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg - online noch stärker als offline", zeigt sich Otto Petrovic, Leiter des Grazer E-Business-Kompetenzzentrums Evolaris, überzeugt. Werden Geschäfte über digitale Medien abgewickelt, müsse man vertrauensbildende Faktoren berücksichtigen.

Seit dem Start von Evolaris stehe daher die Beratung, wie Unternehmen mit ihren Kunden eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen könnten, im Mittelpunkt, so Petrovic. Maßnahmen könnten auf drei Ebenen gesetzt werden: auf der technischen mit fehlerfrei funktionierenden Anwendungen oder Verschlüsselungsmechanismen; auf der rechtlichen, in dem der Anbieter beispielsweise die Haftung für die Qualität seiner Produkte übernimmt; und auf der sozialen Ebene, wenn der Kunde bei Problemen direkt die Menschen hinter dem Onlineshop kontaktieren kann.

Technik und Recht

In Europa werden Technik und Recht in ihrer Bedeutung für das Kundenvertrauen noch immer zu hoch eingeschätzt, meint Petrovic. Dabei zeige sich, dass das Misstrauen gegenüber Onlinebanking noch immer sehr groß ist, obwohl die Finanzinstitute mit ihren Sicherheitsvorkehrungen bereits weit fortgeschritten sind. "Die Unternehmen müssen sich mehr um die Wahrnehmung der Kunden kümmern, in der verschiedene Faktoren aus der digitalen und der realen Welt zusammenfließen."

In den USA würde bereits verstärkt auch die soziale Komponente beachtet, erklärt Petrovic und nennt als Beispiel den Chiphersteller Intel, auf dessen Website Software-Updates abgerufen werden konnten. Zahlreiche User scheiterten und beschwerten sich beim Callcenter. Intel entschloss sich, die Site umzubauen und den Usern einen virtuellen Agenten als persönlichen Berater zur Seite zu stellen. Sollte jemand dennoch Probleme haben, kann er mit wenigen Klicks um menschliche Unterstützung bitten. Derart betreut, gingen auch die Beschwerden zurück.

Dass sich Investment in Vertrauen nicht zuletzt wirtschaftlich rentieren kann, zeigt eine vor kurzem publizierte Eurobarometer-Erhebung zum Thema E-Commerce. Immerhin gab durchschnittlich ein Viertel der befragten EU-Bürger an, aus mangelndem Vertrauen ins Internet noch nie online eingekauft zu haben. (Elke Ziegler/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5. 4. 2004)