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Helmut Pechlaner (li.) zum Thema Führung: "In keinem Tierrudel gibt es zwei Vorstände"

Foto: APA/Koch
In den zwölf Jahren an der Spitze des Schönbrunner Tiergartens hat sich der promovierte Tierarzt Helmut Pechlaner den Beinamen "Zookönig" erworben. Vergangenen Montag gewährte der 58-jährige Tiroler den Teilnehmern der Siemens Academy of Life Einblicke in seine Erfolgsrezepte.

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"Ihre Karriere sieht so gerad- linig aus - Studium, zum Tierarzt werden, Berufung zum Direktor des Alpenzoos Innsbruck, König von Schönbrunn - gab es einen Moment in Ihrer Kindheit, als Sie wussten, dass Sie dereinst Topmanager werden würden?", will Moderator Peter Dusek wissen. Eine spätere Spitzenperformance habe sich jedenfalls nicht von frühen Zeugnissen voraussagen lassen, "die Mittelschule war die größte Tragödie meines Lebens", gesteht Helmut Pechlaner im Pavillon des Tiergartens Schönbrunn vor rund 120 Gästen der Siemens Academy of Life, die regelmäßig Persönlichkeiten einlädt, ihre Erfolgsstory an Studenten, Jungunternehmer und -manager zu vermitteln.

Geier-Wally

So wenig der jüngste Filius von acht Kindern dem Unterricht abgewinnen konnte, so gerne war er daheim bei "seinen Hühnern und Kaninchen". Die Nähe zu Tieren könnte genetischer Natur sein, war doch seine Urgroßmutter, die Malerin Anna Steiner-Knittel, Vorlage zur viermal verfilmten literarischen Figur der Geier-Wally.

"Ich brauch' nur warten, es kommt alles auf mich zu. Ich hab' mich nie im Leben um was beworben, bin immer gefragt worden", resümiert Pechlaner.

Ehrenamtlicher Schneeschaufler

Dem Glück auf die Sprünge geholfen hat er allerdings schon. Etwa 1962 als 16-Jähriger, als Innsbruck gerade unter Neuschnee zu versinken drohte, besuchte er gemeinsam mit einem Freund den Alpenzoo. Die beiden griffen sich nach erfolgtem Eintrittskartenkauf Schneeschaufeln und legten Wege frei. Ganz ohne Auftrag. Ehe der Zoo die Pforten schloss, hatte die Kunde von den ehrenamtlichen Schneeschauflern die Runde bis zum damaligen Zoodirektor gemacht, der Pechlaner fortan Ferialjobs bot.

Wodurch er sich seine Popularität erkläre? "Das ist schon der Tiergarten Schönbrunn", zeigt der Interviewte Bodenhaftung. Das Leben sei für ihn nichts anderes "als eine schöne Bergtour. Man muss nur schau'n, dass man noch bei Licht zurückkommt."

Keine zwei Vorstände

Wie der Zoodirektor Führungsverhalten definiere, und ob er dafür aus der Welt der Tiere gelernt habe? "Ja, zum Beispiel, dass es in keinem Tierrudel zwei Vorstände gibt. Selbst bei den Pferden, bei denen das partnerschaftliche Führungsprinzip gilt, verteidigt der Hengst, und die Stute sagt, wo's langgeht."

Seinen Führungsstil bezeichnet Pechlaner als "Demokratur", einmal pro Woche setzt er sich mit den acht Abteilungsleitern zusammen. Läuft was schief, übernehme er die Verantwortung, Erfolge würden hingegen geteilt. Sitzungen mit mehr als zehn Leuten, seien seine Sache nicht: "Da wird nur mehr geschwafelt und nicht entschieden." Sein Ansatz ist lösungsorientiert: Die Grundsatzfrage muss immer sein, wie es geht, und nicht, wie nicht."

Kein Dienstvertrag

Seinen Auftrag als Zoodirektor sieht er darin, Erholung, Forschung, Bildung und Natur- und Artenschutz zu ermöglichen. Früher habe man geglaubt, Tiere an den menschlichen Rhythmus gewöhnen zu können. Viele seien aber nachtaktiv, bräuchten auch in dieser Zeit Futter. "Sie schlafen irgendwann, schließlich haben sie ja keinen Dienstvertrag!", konstatiert Pechlaner. Apropos Dienstvertrag: 1986 zählte der älteste Tierpark der Welt, damals eine Ruine, 75 besetzte Planstellen. Die Personalkosten verschlangen 145 Prozent der gesamten Einnahmen. Heute sind es 45 Prozent, obwohl der Mitarbeiterstand auf 140 gestiegen ist. Die Besucherzahlen haben sich mehr als verdoppelt. Sponsoring und Patenschaften durch Unternehmen sorgen für zusätzliches Kassaklingeln. (Johanna Zugmann, DER STANDARD, Printausgabe, 3./4.4.2004)