Ein Blick ins Innere der Hofburg: Das Turn- und Toilettzimmer von Kaiserin Elisabeth in den Kaiserappartements.

Foto: ROLAND SCHLAGER
Wien – Eine Dienstwohnung‑ in der Hofburg? Nie und nimmer! Was ÖVP-Kandidatin‑ Benita Ferrero-Waldner und SPÖ-Bewerber Heinz Fischer so empört von sich weisen, ist für mehrere Hundert Wiener allerdings völlig normal: Sie wohnen in der Hofburg.

Über hundert Wohnparteien gibt es in den ehemaligen Kaisergemächern – freilich nur dort, wo früher niederes Personal schlief. Die meisten Appartements befinden sich im dritten Stock, gleich unter dem Dach. Niedrige Decken, ehemalige Gemeinschaftstoiletten und Brennholzverschläge, die heute als Abstellkammer dienen, zeugen vom sozialen Stand der Bewohner von einst.

Aber immerhin spaziert man frühmorgens über einen eigens von Kaisersohn Franz Ferdinand verlegten Bretterboden ins Freie – dem Monarchen, dessen Gemächer im Stock unterhalb lagen, war das Getrampel seiner Lakaien auf die Nerven gegangen.

Jener Bretterboden hätte auch den künftigen Bundespräsidenten ruhigen Schlaf garantiert – denn immerhin galten die Gemächer im zweiten Stock als am besten geeignet für die allfällige Dienstwohnung. Die ehemalige Podhajsky-Wohnung, die zweite logische Wohnvariante, ist an die Hofreitschule vermietet.

Aber das ist alles Makulatur – gewohnt werden soll schließlich zu Hause.

Bleibt die Frage: Wollen die oder der künftige Präsident in der Hofburg tatsächlich alles beim Alten lassen? Schließlich gehen beide mit der Ansage in den Wahlkampf, die Türe und Tore der Hofburg öffnen zu wollen. Platz für neue Ideen gäbe es genug. Anfang 2005 übersiedelt das Völkerrechtsbüro, das derzeit im dritten Stock über der Präsidentschaftskanzlei liegt, ins neue Außenministerium. Und spätestens nach den Nationalratswahlen im Jahr 2006 könnten zwei weitere Trakte frei werden: VP-Kunststaatssekreär Franz Morak darf derzeit in den ehemaligen Privatgemächern Kaiserin Sisis werken, FP-Sportstaatssekretär Karl Schweitzer sitzt in einem ehemaligen Feldherrenbüro. Ginge es nach der Burghaupt 6. Spalte mannschaft, wären die beiden schon längst ausgesiedelt. Vor allem die Sisi-Gemächer würde man gerne öffentlich zugänglich machen.

Eine Dienstwohnung wird die Hofburg in absehbarer Zeit also nicht, aber vielleicht ein Museum. (to/DER STANDARD, Printausgabe, 10./11./12.4.2004)