Foto: Einhorn
Wien – Welchen Zugang erfindet das Kino zu "wahren Begebenheiten"? Visuelle Metaphern zum Beispiel, die mit einem Abgang in gleißendes Licht einen verhaltenen Vorausblick auf die Exekution eines Todesurteils geben. Oder versuchte Annäherung, "Authentifizierung", via vordergründig realistischer "Verkörperung" – Momentaufnahmen aus Monster , made in Hollywood.

Nach den Dokumentarfilmbildern von Nick Broomfield (Aileen Wournos: The Selling of A Serial Killer, 1992, und Aileen: Life and Death of A Serial Killer, 2003) hat sich nun also auch die junge US-Regisseurin Patty Jenkins ein (fiktionales) Bild von Aileen Wournos, der angeblich ersten weiblichen US-Serienmörderin, gemacht. Zu Beginn setzt sie es ganz klein und fern in die Mitte der Leinwand. Aus dem Off erzählt eine Frau vom Kindertraum, es irgendwann zum Film zu schaffen. Aber schon mengen sich in die Momentaufnahmen einer Heranwachsenden auch Erwähnungen von Missbrauch.

Wenn das Bild die Leinwand füllt, ist der Film bei sich und in seiner Gegenwart angekommen, die zu einem Zeitpunkt einsetzt, an dem Aileen (Charlize Theron), obdach- und mittellos, eigentlich schon mit dem Leben abgeschlossen hat.

In einer Bar macht sie dann jedoch unverhofft die Bekanntschaft einer anderen Außenseiterin: Selby (Christina Ricchi), von ihrer Familie nach Florida verschickt, um auf den rechten Pfad der Heterosexualität zurück zu finden, und Aileen fallen buchstäblich in eine Liebe, die diffuse wechselseitige Abhängigkeiten und Zuwendungen zeitigt.

Zu seinem Titel, Monster, verhält sich der Film dabei durchaus ambivalent: So wird zum einen zwar das entsprechende mediale Bild argumentativ unterlaufen. Aileen wird als Täterin dargestellt, die auf die ihr widerfahrenen Übergriffe zunächst eher instinktiv und situationsbezogen, in ohnmächtiger Wut zu reagieren beginnt, sich irgendwann einfach zur Wehr setzt. Mit dem ersten Mord, der in Notwehr geschieht, ist allerdings eine Schwelle überschritten, hinter die es kein zurück mehr gibt.

Monströser Körper

Zum anderen entfaltet die zwiespältige Antiheldin in der Darstellung durch Charlize Theron allerdings tatsächlich eine monströse Körperlichkeit, die aus dem Ensemble der übrigen Figuren entsprechend herausragt: Theron bedient sich dabei eines forcierten method acting, das, logisch, heuer bereits mit einem Golden Globe, einem Silbernen Bären und einem Oscar gewürdigt wurde.

Die Schauspielerin stapft also, mit Prothesen und an Körpergewicht aufgerüstet, immer eine Spur zu betont, zu bemüht durch diesen Film, der nur in Momenten etwas anderes wagt, als das Vorhersehbare. (DER STANDARD, Printausgabe, 15.4.2004)