Wien - Nach dem neuerlichen schwarzen Nein zum Wiener Kassenvertrag gingen politisch die Wogen hoch. Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat war zwar um Beruhigung bemüht: "Ich habe grundsätzlich ein Interesse, dass es in Wien ein Vertragsverhältnis zwischen den Gebietskrankenkassen und der Ärzteschaft gibt." Gleichzeitig zeigt die ÖVP-Politikerin Verständnis für die "Sorge des ordentlichen Kaufmanns" im Verwaltungsrat. Nun will sie Gespräche mit allen Seiten führen.

Bei Koalitionspartner FPÖ stieß diese Sorge auf kein gehör. FPÖ-Chef und Sozialminister Herbert Haupt, der ein Ja zum Vertrag gefordert hatte, gab sich über das Nein "bestürzt". Er gab den VP-Wirtschaftsvertretern die Schuld, die gegen die Patienten in Wien agierten, und forderte ein "sofortiges Ende dieses parteipolitischen Eiertanzes".

Parteikollege und Gesundheitsstaatssekretär Reinhart Waneck assistierte: Die neuerliche Ablehnung sei "doppelt unverständlich", weil der zwischen Wiener Kasse und Ärztekammer ausverhandelte Vertrag "vernünftig und moderat" sei. Die Geschäftsführung im Hauptverband müsse sich die Frage gefallen lassen, inwieweit das Vertrauensverhältnis zum Verwaltungsrat noch gegeben sei. Noch schärfer reagierte Wiens FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache: Die Ablehnung sei ein "Skandal", die "ÖVP hat mit ihrem herzlosen Agieren die eigenen Leute verraten".

Auch SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer sprach von einem "politischen Kampf" gegen die Wiener Gebietskrankenkasse. Ähnlich der grüne Sozialsprecher Karl Öllinger: Er witterte ein "zynisches Machtspiel der ÖVP auf dem Rücken der Versicherten".

Auch ÖVP-intern gab es Kritik am schwarzen Nein: Der schwarze Wiener AK-Vizepräsident Alfred Gajdosik reagierte verschnupft und fand das Abstimmungsverhalten "nicht sehr klug". (eli/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.4.2004)