Wir zappen trotzdem weiter, aber der Tee-Samurai bleibt uns auf den Fersen - und schlägt just aus dem Hinterhalt zu. Etwa in den Messehallen der internationalen Wohntrend-Schauen. Eine gute Prise Zen gehört zum heutigen Design-Geschehen nämlich dazu, so wie einst Maggi zur Suppe. So liest man es in den Katalogen und wird fast religiös dabei. Meditativ bis asketisch wollen sie sein, die reduzierten Möbel und Accessoires vieler Labels, um dem Getriebe um uns herum ein wenig Ruhe und Leere entgegenzusetzen.
Wobei das mit der Leere schon auch wirklich ernst zu nehmen ist. Völlegefühl im Magen beispielsweise disqualifiziert den trendbewussten User San vom Gebrauch so manchen Zen-Möbels. Oder macht es ihm zumindest nicht eben leicht. Denn das gelenkige Über-den-Boden-Rollen will nach sattem Genuss der einen oder anderen "Fastenspeise nach Art des Hauses Europa" schon auch gelernt sein.
Und genau das fordern die wenige Zentimeter hohen Couchtische, Sofas und abgesägten Fauteuils dem Nutzer gnadenlos ab. Freilich nicht ohne im Austausch tief gehende Erkenntnisse zu versprechen: Warum Buddha stets die gleiche Position einnimmt und in einem berühmten Fingerzeig nach unten die Erde als Zeuge seiner Lehren aufruft, versteht man etwa erst jetzt. Anderes weiß man hingegen schon längst: Japaner leben länger als alle anderen, auch wenn sie mitunter erstaunlich steif in der Hüfte wirken. Und: Japaner haben weiche Tatami-Matten unter den Knien, so wie der Tiroler Zirben am Gesäß.
Das rückt die Freude am neuen Zen-Möbel und die damit verbundenen Tiefflüge des Wohnerlebens in ein anderes, vertrauteres Licht. Die plakative Coolness des hingeflätzten Lounge-Möbels drängt da ins Bild. Die auf Designhotels und Klubs abonnierte Lifestyle-Horizontale bodennaher Liegesitze, in Summe: der abgeflachte Lounge-Look markiert freilich nur ein besonders glamouröses Stadium einer aktuellen Design-Talfahrt Richtung Parkett. Anderes fügt sich leichthin ein: Mit (Stütz-)Beulen ausgestattete Teppiche schlagen etwa passgenau in diese Kerbe. In Zeiten, wo das Nicht-erwachsen-werden-Wollen 40-jähriger Teddybären beklagt wird, zugleich ein logischer Schritt Richtung Infanten-Inventar.
Und nicht zu vergessen: das aktuelle Comeback des Polsters als Lebensbehelf, als Link zum besseren Leben, auf das man notfalls sogar einschlagen kann - ohne sich daran wehzutun. Nur scheinbar schiebt sich nämlich auch der Höhenflug des weichen Archetypen zwischen Zen und Bodenstation. Zuletzt stellt Buddha auch hier seinen großen Fuß darauf: Jüngere Reeditionen der zipfelmützigen Lieblingsunterlage einer ganzen Protest-Generation - nämlich des mit Styroporkügelchen gefüllten "Sacco" - mögen mit Reminiszenzen ans bodennahe Lümmeln aus längst vergangenen WG-Tagen flirten. Und amorphe Sitzpölster respektive Polstersitze, wie sie der New Yorker Szenestar Karim Rashid kreiert, aus der legeren Tugend des Herumlümmelns eine Design-mode machen. Bloß über eines können auch diese Stilmittel nicht hinwegtrösten: über die damit verbundenen Leiden ergonomischer Natur.