Wien - Eigentlich, sagt Francesca von Habsburg, ist sie mehr an Peripherien interessiert. Was aber nicht heißt, mit einem "philantrophischen non-profit space" das Scheitern in die Gründung mit einzubauen. Im Gegenteil. Es geht darum, Gegenwartskunst populär zu machen, ein Mehr an Publikum zu generieren, ein Mehr an Aufmerksamkeit.
Heute eröffnet in der Wiener Himmelpfortgasse ein Ausstellungsraum. Einer wie viele andere auch. Ein paar Räume eines Wiener Palais - vielleicht 150 Quadratmeter - wurden zu Ausstellungszwecken adaptiert, ein paar weitere dienen der TBA21 - Thyssen-Bornemisza Art Contemporary als Büro.
Die TBA21 ist eine österreichische Privatstiftung, ihr Anspruch lokal unabhängig. Eine Familientradition: Francescas Vater, Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza, hat die bedeutende Kunstsammlung um Werke des 19. und 20. Jahrhunderts ergänzt, und mit dem Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid "öffentlich gemacht".
Die Tochter bringt das 21. Jahrhundert ein. Und da sich in der bildenden Kunst so einiges getan hat, die Tafelbildproduktion nur mehr eine unter vielen gleichberechtigten Möglichkeiten ist, "content" anzuhäufen, sprengt auch Francesca von Habsburgs Stiftung den konventionellen Rahmen.
Kunstzentrale
Parallel zum Selbstverständnis vieler zeitgenössischer Produkte als Work in Progress ist auch der Wiener Schau-Raum als "fortlaufend in Entwicklung" begriffen definiert. Als Zentrale, in der wohl Kunst präsentiert, von der aus aber, und das ist weit wichtiger, Projekte initiiert, Kontakte geknüpft, internationale Leihgaben platziert, Vernetzungen vorangetrieben werden. Die organisatorische Abwicklung des Sammelns übernimmt das Büro in Zürich, jenes in Dubrovnik versteht sich gleichbedeutend als weiterer Fixpunkt im Netz.
Als fixe Außenstelle dient noch eine Niederlassung auf Jamaika: "Ein Ort, den die Familie traditionell aufgesucht hat, jetzt eine Möglichkeit, Gäste einzuladen." Candice Breitz (Südafrika) war dort eben "Artist in Residence", und Potenz und Struktur der Stiftung haben eben ermöglicht, dass mit Breitz' Arbeit die zeitgenössische Kunst Einzug ins Bob-Marley-Museum von Kingston halten wird - für jamaikanische Verhältnisse ist das mehr als exotisch.
Und in Wien war eben der Raum in der Himmelpfortgase zu eng, Janet Cardiffs soundbetonte interaktive Installationen repräsentativ zu zeigen. Daher hat die Stiftung mit dem Prospekthof im Ateliergebäude (Semper-Depot) der Akademie der bildenden Künste einen weiteren Ort "besetzt".
Viele weitere werden Folgen. Für Einzelausstellungen von Slaven Tolj (Kroatien), Olaf Nicolai (Deutschland) und Matthew Ritchie (USA), für Projekte mit Darren Almond (in einem Bergbaugebiet in Ostsibirien), Kutlug Ataman und Olafur Eliasson.
Letztere ist auch mit im Advisery Board der Stiftung: "Wichtig ist mir, intensiven Kontakt mit meinen Beratern zu pflegen, Olafur etwa ist sehr präzise, Fragen der Gestaltung und der Architektur zu erörtern - auch hinsichtlich eines vielleicht einmal nötigen Gebäudes für die Sammlung." Der (zu) viel beschäftigte Peter Weibel ist ebenso beratend tätig wie der US-Filmproduzent Joni Sighvatsson (Wild at Heart, Twin Peaks, Arlington Road, The Knockout Artist). Für Sighvatsson ist die TBA21 auch Plattform, sein Interesse jenseits von Mainstreamproduktionen einzubringen.
Die inhaltliche Brücke zur Familiensammlung legt Norman Rosenthal (Royal Academy London). Er ist im Direktorium beider Stiftungen, "und wie kaum ein anderer kompetent, sowohl was Kunstgeschichte, als auch die aktuellste Gegenwart betrifft". In organisatorischen Fragen und Belangen von Marketing und Sponsoring berät Simon de Pury vom Auktionshaus Phillips, de Pury und Luxemburg.
In Österreich tritt die TBA21 demnächst zur Eröffnung des Salzburger Museums der Moderne auf: Als Kokurator und Leihgeber der Ausstellung Einleuchten. Auch hier stellt Francesca von Habsburg den Anspruch, mit Lichtobjekten und -installationen die neuen Räume am Mönchsberg in Szene zu setzen, ein mehr an Publikum zu erreichen. Mit einer Kunst, die unmittelbar zu erfahren ist, die nicht komplexer Vermittlungsarbeit bedarf, um verständlich zu sein.