Die erste Frau als Bundespräsidentin, das wäre ein wichtiges Signal – so hat die ÖVP für Benita Ferrero-Waldner die Frauenkarte gespielt. Aber hat diese Frauenkarte gestochen? Darüber sind sich die Wahlforscher nicht ganz einig: Ja, sagt Peter Ulram von ÖVP-nahen Fessel-Institut. Immerhin habe eine knappe Mehrheit der Frauen Ferrero-Waldner gewählt. Nur die Pensionistinnen seien eine Bank für Heinz Fischer gewesen.

FP-Empfehlung schadete

Frauen für Ferrero? Diesen Befund kann Eva Zeglovits vom Institut Sora, das für den ORF hochgerechnet hat, aufgrund ihrer Daten nicht bestätigen. Denn: "Gerade bei urbanen, gebildeten Frauen hätte die Frauenkarte ein Ass sein können. Die waren höchst bereit, eine Frau zu wählen. Noch im Dezember hatte Ferrero-Waldner bei Frauen unter 45 Jahren einen deutlichen Vorsprung." Dann aber kam die Debatte mit und die Wahlempfehlung von der FPÖ – und die habe Ferrero in dieser Gruppe geschadet: "Dieser Spagat, emanzipierte Frauen anzusprechen und um FPÖ- Wähler zu buhlen, konnte nicht funktionieren." Mit der blauen Wahlempfehlung wurden urbane Frauen eher ver- oder zu Fischer getrieben.

"Gender-Gap"

Die Zeit sei eben nicht reif für eine Frau, dieser Seufzer mancher ÖVP-Wahlkämpfer ist in der Wahlforschung nicht belegt. Denn Frauen wählen anders, dieses Phänomen ist unter dem Fachbegriff "Gender-Gap" seit den 80er-Jahren in Österreich bekannt. Allerdings wählen Frauen eher nicht ÖVP und FPÖ, sondern Mitte-links. Bei der Nationalratswahl 2002 haben etwa 50 Prozent der Männer Schwarz- Blau gewählt, aber nur 39 Prozent der Frauen.

FPÖ und Frauenkarte – dieses Doppelspiel mit zwei Ass- Versuchen sei in der Bildungsschicht nicht aufgegangen, summiert Zeglovits. Bei Frauen ohne Matura hingegen habe das ÖVP-Argument Frau ein wenig besser gezogen.

Bei Seniorinnen hingegen, eine rote Kernschicht, sei Ferrero-Waldner nur in einer Wahlkampfphase vorne gelegen: kurz nach Ostern, als das Thema Sanktionen besonders präsent war. Zeglovits: "Patriotismus, das hat in der Wählerinnengruppe gezogen. Aber nur kurz – dann dominierte Fischer mit seinem Thema der sozialen Gerechtigkeit." (Eva Linsinger/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.4.2004)