Salzburg/Wien - Entschlossenheit und Strategien zur gemeinsamen Gestaltung Europas zeigten Frauen aus unterschiedlichen europäischen Ländern am Vorabend der EU-Erweiterung auf einer internationalen Tagung zu Bürgerinnenbeteiligung in Europa.

"Die EU hat die Gleichstellung von Frauen und Männern im Amsterdamer Vertrag als eine der grundlegenden Aufgaben der Gemeinschaft definiert und damit wichtige Rechte für Frauen, wie zum Beispiel gleichen Lohn für gleiche Arbeit verankert", umriss Ute Gerhard, Professorin für Soziologie und Frauenforschung an der Universität Frankfurt, in ihrem Eröffnungsvortrag die Möglichkeiten, die die EU als Rechtsgemeinschaft für Frauen bietet. In der Umsetzung bleibe jedoch genug zu tun.

Dies gelte, wie unter anderem die Verfassungsdebatten zeigten, auch für die EU selbst und deren Entscheidungsgremien, die nach wie vor männlich dominiert seien. Gerhard kritisierte die Markt- und Arbeitsmarktzentrierung der EU und setzt auch im Hinblick auf die generelle politische Entwicklung Europas auf das "kritische Veränderungspotential von Frauen".

Gestärkte internationale Frauenbewegung

Bozena Choluj, polnische Expertin für Geschlechterforschung und Professorin an der Universität Warschau, betonte die Chancen für neue Formen der Zusammenarbeit von Frauen: "Frauen waren im EU­-Kontext bisher vor allem Objekte der politischen Verhandlungen. Wenn wir ab morgen gemeinsam Bürgerinnen der EU sind, müssen wir uns gemeinsam stärker einmischen, in europäische Angelegenheiten aber auch in die Angelegenheiten einzelner Nationalstaaten. Auf diese Weise können wir an den Internationalismus der Frauenbewegung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts anschließen. Es gilt gemeinsam frauenpolitisch aktiv zu werden - ­ natürlich über die Grenzen der EU hinaus."

Choluj schloss dabei direkt an das von Gerhard vorgestellte Konzept einer aktiven Staatsbürgerschaft an, die Bürgerinnenrechte als dynamisches Prinzip sieht, das über nationale Grenzen hinausgeht.

Kritik an "Allianz der grauen Bärte"

Ihren Willen zur Beteiligung am gemeinsamen frauenpolitischen Handeln betonten auch Rabeya Müller und Myisser Ildem vom Zentrum für islamische Frauenforschung in Köln. Müller kritisierte dabei jene "Allianz der grauen Bärte", in der Männer sich auch über Religionsgrenzen hinweg stets einigen würden, "wenn es darum geht, Frauen zu reglementieren".

In ihrem politischen Engagement müssten muslimische Frauen häufig mit undifferenzierten Vorurteilen rechnen. "Dass wir politisch mitgestalten wollen, bedeutet nicht, dass wir einen Gottesstaat herstellen wollen." Der Gedanke des Christentums als europäischer Leitkultur sei zu hinterfragen, denn sowohl Islam als auch Christentum kamen aus dem Orient nach Europa. Auch der Islam sei seit vielen Jahrhunderten Teil europäischer Kultur.

"Patriarchat geht dem Ende zu"

Die frühere OSZE-Ombudsfrau für Menschenrechte in Sarajewo und ehemalige Schweizer Nationalratspräsidentin Gret Haller wies darauf hin, dass das Patriarchat dem Ende zu gehe. Dies sei eine Frage der Notwendigkeit, ohne Ende des Patriarchats gebe es keine Zukunft für den Planeten. Haller betonte die Wichtigkeit der Machtübernahme von Frauen, besonders im Feld staatlich politischen Handelns und mahnte die Verteidigung und Weiterentwicklung eines europäischen demokratischen Staatsverständnisses ein, das sich vom us-amerikanischen Gesellschaftsverständnis historisch wie auch aktuell maßgeblich unterscheide und nicht einfach diesem angeglichen werden dürfe.

Die Tagung wurde von Katholischer Sozialakademie Österreich, gemeinsam mit WIDE (Women in Develoment Europe), dem European Women's College in der Schweiz und Barcelona, CIRCE (Bruessel), sowie der Berliner "Weiberwirtschaft" getragen und von der Katholischen Frauenbewegung Österreichs unterstützt. (red)