Wien/Graz - Nach Auflösung der Jugendgerichte in Wien und
Linz beschließt der Ministerrat am Dienstag auch das Aus für das
letzte österreichische Jugendgericht in Graz. Das Jugendgericht Graz
wird per 1. Jänner 2005 mit dem Bezirksgericht für Zivilrechtssachen
sowie dem Bezirksgericht für Strafsachen Graz zusammengelegt. Ab 2006
treten dann zwei Bezirksgerichte - Graz West und Graz Ost - an Stelle
der derzeit drei Standorte.
Kritik am Aus für das Grazer Jugendgericht kommt von der Kinder-
und Jugendanwaltschaft des Landes Steiermark. Mit der Eingliederung
in das Bezirksgericht Graz werde ein bewährtes Modell aufgelöst.
"Erfahrungsgemäß haben sich die Sonderzuständigkeiten bei den
Bezirksgerichten, wie dies auch beim Bezirksgericht Linz-Land der
Fall war, sehr bewährt", so Kinder- und Jugendanwalt Christian Theiss
in seiner Begutachtungsstellungnahme zum Gesetzesentwurf des
Justizministeriums.
Spezialmterie
Theiss verweist darauf, dass Jugendstrafsachen und
Pflegschaftsverfahren eine Spezialmaterie darstellen. Er befürchtet,
"dass in Zukunft der nötige Grad der Spezialisierung bei den Richtern
schwer möglich sein wird", und dass nicht mehr auf die Bedürfnisse
betroffener Jugendlicher eingegangen werden könne.
Im Justizministerium weist man das zurück: Anders als das frühere
Wiener Jugendgericht sei jenes in Graz lediglich ein Bezirks- und
kein Landesgericht. "Dort gibt es nur einen einzigen Richter, und der
geht mit Jahresende in Pension", betonte der zuständige Chef der
Präsidialsektion, Wolfgang Fellner, am Wochenende gegenüber der APA.
Diese Größe sei organisatorisch nicht mehr zu rechtfertigen. Auch das
Argument der fehlenden Spezialisierung kann Fellner nicht
nachvollziehen: "Es wird weiterhin ein Richter für Jugendliche
zuständig sein, nur wird er halt ins Bezirksgericht eingebunden, so
wie das zum Beispiel in Klagenfurt der Fall ist." (APA)