Brüssel/Straßburg - Mit dem Vollzug der EU-Erweiterung sind die zehn neuen Mitgliedstaaten auch in der EU-Kommission in Brüssel gleichberechtigt und mit vollem Stimmrecht vertreten. Das Europaparlament in Straßburg soll am Mittwoch die neuen Kommissare bestätigen:

Der 62 alte Ungar Peter Balazs gilt bereits als Brüsseler Insider. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler arbeitete unter der kommunistischen Regierung im ungarischen Außenhandelsministerium. Nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft wurde er Staatssekretär im Handelsministerium, bevor er als Botschafter zunächst nach Dänemark und dann nach Deutschland ging. Ab 2002 bereitete er Ungarn als "Staatssekretär für die europäische Integration" auf den EU-Beitritt vor, 2003 wurde er EU-Botschafter in Brüssel.

Die 56 Jahre alte Danuta Huebner leitete seit ihrer Ernennung zur Ministerin für die europäische Integration im Jahre 2003 die Beitrittsverhandlungen Polens. In der Politik ist die Wirtschaftsprofessorin seit dem Zusammenbruch des Ostblocks aktiv. 1994 wurde sie stellvertretende Handelsministerin, ab 1996 baute sie das polnische Amt für die europäische Integration auf. Nach einem Aufenthalt beim Wirtschafsausschuss der Vereinten Nationen kehrte sie 2001 nach Polen zurück - zunächst als Staatssekretärin, dann als Europaministerin.

Tschechien schickt mit Pavel Telicka einen ausgesuchten EU-Kenner nach Brüssel. Er war maßgeblich an den Beitrittsverhandlungen beteiligt und war zuletzt Botschafter seines Landes bei der EU. Mit 38 Jahren ist er der jüngste der designierten Kommissare aus den zehn Beitrittsländern. Er wurde im Februar nominiert, nachdem der ehemalige tschechische Umweltminister Milos Kuzvart überraschend abgewinkt hatte. In der früheren Tschechoslowakei gehörte Telicka der Kommunistischen Partei an, weshalb seine Nominierung im eigenen Land umstritten war. In seiner Freizeit spielt er gern Rugby.

Der 44 Jahre alte Slowake Jan Figel war seit 1992 Abgeordneter der christlich-demokratischen Partei KDH, die zur Regierungskoalition gehört. In der kommunistischen Tschechoslowakei war er als fast zehn Jahre als Elektroingenieur tätig. Nach der Wende wurde er 1998 zum slowakischen Staatssekretär für die europäische Integration ernannt und führte die Beitrittsverhandlungen.

Der 46-jährige promovierte Wirtschaftswissenschaftler Janez Potocnik war seit 2002 slowenischer Europaminister. Im früheren kommunistischen Jugoslawien und später im unabhängig gewordenen Slowenien war er in der Forschung tätig und leitete von 1993 bis 2001 das Institut für Volkswirtschaftliche Analyse und Entwicklung in Ljubljana. 1998 berief ihn die Regierung zum Leiter der Verhandlungen über den Beitritt seines Landes.

Dalia Grybauskaite wurde 2001 Finanzministerin in Litauen. Die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin studierte in Washington, im damaligen Leningrad und in Moskau. Sie gilt als Verfechterin einer rigorosen Haushaltspolitik. Die 48-Jährige, die es bei ihrem Lieblingssport Karate bis zum schwarzen Gürtel schaffte, nahm zehn Jahre lang an den Verhandlungen über den EU-Beitritt Litauens teil.

Siim Kallas ist Chef der estnischen Reformpartei. Der 55-Jährige war zur Zeit des Kommunismus Leiter der estnischen Sparkasse und später stellvertretender Chefredakteur der Zeitung "Rahva Hääl". Nachdem Estland unabhängig wurde, war Kallas von 1991 an zunächst Präsident der estnischen Zentralbank und gründete 1994 die Liberale Partei, für die er 1995 ins Parlament ging. Der Regierung gehörte er als Finanzminister, Außenminister und 2002 und 2003 auch als Ministerpräsident an. Kallas ist in seinem Land umstritten: Er musste sich vor Gericht verantworten, weil ihm das Verschwinden von zehn Millionen Dollar von den Konten der Zentralbank vorgeworfen wurde. Das Verfahren endete mit einem Freispruch.

Lettland schickt seine bisherige Außenministerin nach Brüssel - die 51 Jahre alte Sandra Kalniete. Die frühere Kunsthistorikerin studierte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion internationale Beziehungen. Von 1993 bis 1997 war sie lettische Botschafterin bei der UNO in Genf, anschließend ging sie als Botschafterin nach Paris. Geboren wurde Kalniete in Sibirien.

Für Zypern soll der derzeitige Finanzminister Markos Kyprianou nach Brüssel gehen. Der 44 Jahre alte Jurist hat an der britischen Elite-Universität Cambridge und der renommierten Harvard Law School studiert. Er ist Spezialist für Steuer- und Unternehmensrecht. Seine politische Karriere begann Kyprianou innerhalb der Demokratischen Partei Zyperns. Für sie wurde er 1991 erstmals ins Parlament von Nikosia gewählt. Im Frühjahr 2003 wurde er Finanzminister.

Joe Borg war seit 1999 Außenminister von Malta , dem mit 372.000 Einwohnern kleinsten der 25 EU-Staaten. Zuvor war der 52 Jahre alte Jurist von 1992 bis 1995 Präsident der maltesischen Zentralbank. Seine politische Karriere begann 1995, als er für die Nationalistische Partei ins Parlament der Hauptstadt Valetta gewählt wurde. Nach dem Sieg seiner Partei bei der Parlamentswahl 1998 wurde er Außenminister. In dieser Funktion leitete er die Aufnahmeverhandlungen mit der EU-Kommission. (APA)