Wien - Ein weiteres Schlüsselprotein (Eiweiß) für die Gen-Regulation haben Wissenschafter um Marjori und Antonius Matzke vom Gregor Mendel-Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gefunden. Das Forscherehepaar (Wittgensteinpreis 1997) beschäftigt sich mit so genannten Epigenetik, die - wie erst in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erkannt wurde - bei grundlegenden Lebensvorgängen in allen Organismen eine entscheidende Rolle spielt.

Protein identifiziert

Unter Epigenetik verstehen Wissenschafter gleichsam das Geschehen rund um die Gene. Etwa wann und wie ein DNA-Stück abgelesen oder auch unterdrückt wird, ist entscheidend für die Entwicklung eines Lebewesens. Erst seit kurzem kennen die Wissenschafter Krankheiten, die durch gestörte Gene-Experession hervorgerufen werden. Das heißt, dass die Erbsubstanz eigentlich in Ordnung ist, aber bei der Abschrift Fehler passieren. Der betroffenen Organismus ist also genetisch gesund, zeigt aber Krankheitssymptome.

Marjori und Antonius Matzke sowie Tatsuo Kanno gelang es nun, eines der entscheidenden Proteine zu identifizieren, das die Voraussetzung für diese Regulation der Gene durch RNA schafft. Es handelt sich dabei um den so genannten chromatin-modellierenden Faktor DRD1. Die Wissenschafter vermuten, dass es die Aufgabe dieses Faktors ist, die beiden Doppelstränge der DNA so weit zu öffnen, dass in weiterer Folge Enzyme zur Stilllegung dieser Abschnitte ihre Wirkung entfalten können.

Reproduzierte Stilllegung

Die Wissenschaftler haben ein System entwickelt, bei dem der Vorgang der Stilllegung von Genen (Gene silencing) via RNA experimentell reproduzierbar ist. Sie können beweisen, dass an einer speziellen Mutante der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), welcher der chromatin-modellierende Faktor DRD1 fehlt, die Stilllegung von Genen nicht möglich ist.

Die wahrscheinliche Ursache dafür ist, dass in diesem Fall trotz der Anwesenheit der RNA - wichtig für die Auswahl des richtigen Abschnitts - die DNA ihre dicht gepackte Struktur behält und daher für eine epigenetische Modifikation nicht zugänglich ist. Salopp ausgedrückt: Unter diesen Umständen lässt sich die "ausgewählte DNA-Datei nicht öffnen und verändern". Die Untersuchungen wurden in der Zeitschrift "Current Biology" veröffentlicht.

Das GMI wurde im Jahr 2001 von der ÖAW mit dem Ziel gegründet, Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Pflanzenmolekularbiologie in Österreich zu durchzuführen. Das GMI wird 2005/06 gemeinsam mit einem zweiten ÖAW-Institut, dem Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA), bei dem tierische Modellsysteme im Zentrum der Forschung stehen, das neue Laborgebäude in der Dr. Bohr-Gasse am Vienna Biocenter (VBC) beziehen. (APA)