Als Kanzler Wolfgang Schüssel bei der ÖVP-Klubsitzung vom "Friedensprojekt Europa" schwärmte, fragte sich ein Funktionär: "Spricht hier noch der Kanzler oder schon der nächste EU-Präsident?"

Da Schüssels Chancen auf den Job in Brüssel nach wie vor intakt sind, macht sich so manch einer Gedanken über die Zeit nach ihm. Als sein logischer Nachfolger im Bundeskanzleramt gilt ÖVP-Klubchef Wilhelm Molterer. Immerhin zehn Jahre jünger als Schüssel, kann er sogar als Generationswechsel dargestellt werden.

Spitzenkandidat Molterer?

Mögliche Kritik aus Niederösterreich wollen Schüssel-Getreue mit folgendem Argument abstellen: Ein Mann aus St. Pölten könne erst dann zum Zug kommen, wenn Schwarz-Rot in Aussicht steht. Und dafür bräuchte es Neuwahlen. Ein Problem hat Molterer allerdings: Als Spitzenkandidat für die nächste Wahl können sich ihn nur wenige vorstellen.

Ablösekandidatin Gehrer

Mit einem Kanzlerwechsel könnte es auch gleich zu einer Regierungsumbildung im ÖVP-Team kommen. Weiter als Ablösekandidatin gilt – trotz Dementi – Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer. Ihr könnte jemand aus der grünen Mark nachfolgen: die Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder oder Landesgeschäftsführer Andreas Schnider.

Auch im ÖVP-Klub wird sesselgerückt – zumindest in Gedanken. Sowohl ÖAAB wie Wirtschaftsbund würden sich für die Nachfolge Molterers (eines Bauernbündlers) bewerben. ÖAAB-Mann Michael Spindelegger ist schon heute Klubvize. Ebenfalls interessiert: Wirtschaftsbundgeneral Karlheinz Kopf. Schüssel könnte sich auch seine ehemalige Kabinettschefin Ulrike Baumgartner-Gabitzer als Klubchefin vorstellen – mit ihr und Molterer säßen dann zwei seiner engsten Weggefährten an den Schaltstellen der Regierung. (Barbara Tóth/DER STANDARD, Printausgabe, 5.5.2004)