Wien - Einen Tag vor der parlamentarischen Beschlussfassung der Steuerreform haben die Grünen am Mittwoch nochmals Kritik am Konzept der Regierung geübt. Budgetsprecher Werner Kogler warf den Regierungsparteien vor, primär "Klientelpolitik" zu betreiben. Eine Strukturreform werde nicht gemacht. Bei einer Pressekonferenz beklagte Kogler das Fehlen von arbeitsmarktpolitischen Schwerpunkten.

"Unverständlich" ist für den Grün-Politiker schon der Zeitpunkt der Reform. In der Phase des Konjunkturabschwunges habe die Regierung eine Steuersenkung "verweigert". Jetzt, wo sich allmählich ein Konjunkturaufschwung abzeichne, senke man die Steuern. Diese prozyklische Vorgangsweise sei "wirtschaftspolitischer Unsinn", meinte Kogler. Die "Budgetdisziplin" werde aus wahltaktischen Gründen "über Bord geworfen". Zuletzt hatte Finanzminister Karl-Heinz Grasser bereits angekündigt, dass das Defizit für 2005 nicht bei den geplanten 1,5 Prozent liegen werde, sondern eher "in Richtung zwei Prozent" gehe.

KöST-Senkung "ökonomisch unredlich"

"Ökonomisch unredlich" ist für Kogler die Senkung der Körperschaftssteuer von 34 auf 25 Prozent. Österreich habe zwar einen hohen nominellen KöST-Satz, bei der effektiven - sprich tatsächlichen - Steuerbelastung liege man im EU-Vergleich aber ohnehin bereits unter den letzten drei. Die Senkung werde nur die "Strukturprobleme" verschärfen. Kogler geht auch davon aus, dass die Einnahmenausfälle in Folge der Steuerreform deutlich höher ausfallen werden, als von Grasser angegeben. Man werde deutlich über eine Milliarde hinauskommen, so Kogler.

Und schließlich geht die Regierung seiner Ansicht nach auch bei der Entlastung im Einkommensteuer-Bereich falsch vor. Dass alle entlastet würden, sei eine "Verhöhnung" der Steuerzahler. 2,3 Millionen Menschen würden nämlich schon bisher keine Steuern zahlen. Für diese Gruppe werde "exakt kein Euro locker gemacht". Stattdessen entlaste man mittlere und höhere Einkommen, kritisierte Kogler. Die Erhöhung der Absetzbeträge bezeichnete er als "ideologisch motivierte Familienpolitik".(APA)