Was Chris Bazinet von der St. John's University in New York schon immer über Sex wissen wollte, ist dessen Ursprung. Wer hat damit angefangen, und warum passierte es das erste Mal? Nach langjährigen Studien an menschlichen und tierischen Zellen sowie an Parasiten kam er nun endlich zum Schluss: Bakterien gaben den Anstoß zum Sex. Und zwar jene, deren Überreste sich noch heute in menschlichen und anderen Zellkernen finden: die Urahnen der Mitochondrien.
Vor 700 bis 2000 Millionen Jahren, erklärt Bazinet im britischen New Scientist, gingen die Bakterien eine flatterhafte Symbiose mit den ersten Eukaryonten ein - vermehrungsfähige Einzeller, aus denen vermutlich alle heutigen mehrzelligen Tiere und Pflanzen entstanden sind. Im Laufe der Evolution ließen diese Mitochondrien-Vorfahren 90 Prozent ihrer Gene in den Zellkernen ihrer "Wirte" liegen - heute gelten sie als "Kraftwerke" der Zellen.
Die Urmitochondrien seien bösartige Dinger gewesen, mutmaßt Bazinet: Sie hätten immer wieder neue Wirte befallen, indem sie zwischen benachbarten Zellen hin- und hergesprungen seien. Und dabei hätten sie nicht nur eigene Gene liegen gelassen, sondern gleich auch noch ein paar aus den Kernen ihrer jeweiligen Wirtszellen mitgenommen und ebenfalls im Kern des Nachbarn fallen gelassen.
Dieser Genaustausch habe schließlich dazu geführt, dass die bakteriell mutierten Einzeller anpassungsfähiger an die sich verändernde Umwelt geworden seien. Die Gengeber, also jene Wirtseinzeller, aus denen die untreuen Bakterien Erbinformationen hätten mitgehen lassen, bezeichnet der Forscher als "Protomännchen", die Empfängerzellen als "Protoweibchen": Die erste Geschlechterdifferenzierung, die von der Evolution als vorteilhaft für die Arterhaltung erkannt worden sei - und der Sex war in der Welt.