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Ferrero-Waldner weist die Vorwürfe zurück: Sie habe zu den Missbräuchen irakischer Gefangener durch US-Soldaten nicht geschwiegen.

foto: apa/schneider
Wien - Nach dem vehementen Protest der Schweiz gegen die Misshandlungen irakischer Gefangener durch die Besatzungsmächte USA und Großbritannien mehren sich in Österreich die Stimmen, die eine adäquate Vorgangsweise verlangen. SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer hat Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) und Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) am Donnerstag dringend aufgerufen, namens der Bundesregierung "klar zu dem furchtbaren Folterregime der US-Besatzungsmacht im Irak Stellung zu beziehen". Die Außenministerin wies den Vorwurf zurück, bisher zu den Misshandlungen geschwiegen zu haben. "Ich habe nie geschwiegen!", sagte sie im ORF-Mittagsjournal und forderte die USA auf, dem Abkommen über den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) beizutreten. FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner reklamierte eine Stellungnahme des Außenamts zu den "ungerechten Maßnahmen" der USA gegen Syrien.

Gusenbauer will "Abscheu und Wut"

Gusenbauer wünscht, dass Österreich "sowohl auf bilateraler Ebene wie auch auf europäischer Ebene schleunigst aktiv wird". Die immer schrecklicheren Veröffentlichungen über systematische Folter- und Misshandlungsmethoden müssten auch für Österreich Anlass sein, wie die Schweiz unmissverständlich Stellung zu beziehen, erklärte der SPÖ-Chef in einer Aussendung. Die Botschafter der USA und Großbritanniens in Bern waren in das Außenministerium zitiert worden. Außenministerin Micheline Calmy-Rey hatte "Abscheu und Wut" ausgedrückt und die baldige Wiederherstellung der irakischen Souveränität urgiert, wofür die Vereinten Nationen den Rahmen vorgeben müssten.

Ferrero-Waldner: Entsetzt

Sie verabscheue und verurteile die Misshandlungen, von denen immer mehr Details bekannt würden, und sei entsetzt, unterstrich Ferrero-Waldner gegenüber dem ORF. Die Ministerin sprach von menschenverachtender Behandlung, Demütigungen und Erniedrigungen. Gleichzeitig bezeichnete sie die Enthauptung einer amerikanischen Geisel durch Extremisten im Irak als barbarischen Akt. Es müsse alles getan werden, um der Brutalität und den Grausamkeiten im Irak und im Nahen Osten ein Ende zu setzen. Zuvor hatte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos kritisiert, dass die Bundesregierung "bis heute keine klaren Worte zu dem Folterregime der USA im Irak gefunden hat". Er sprach in diesem Zusammenhang von einem "penetranten und schmerzhaften" Schweigen und einem "demokratiepolitischen Skandal". Schüssel und Ferrero-Waldner müssten "endlich klare Worte" finden, "die ausdrücken, dass sich Österreich deutlich von diesen Methoden einer Besatzungsmacht distanziert".

"Demonstrative Zurückhaltung"

Der Vorsitzende der SPÖ-Bundesratsfraktion, Albrecht K. Konecny, hat in einer parlamentarischen Anfrage Aufklärung verlangt, warum sich "das offizielle Österreich in Person der Außenministerin demonstrativ in Zurückhaltung geübt" habe. "Es geht hier um nicht weniger als die Frage, was Österreich wichtiger ist: die Wahrung des humanitären Völkerrechts oder das Verhältnis zu Briten und Amerikanern", erklärte Konecny. Auch der freiheitliche EU-Spitzenkandidat Hans Kronberger hatte sich über "das anhaltende kollektive Schweigen von Europas außenpolitischen Repräsentanten zu den Gräueltaten in irakischen Gefängnissen" bestürzt gezeigt und gefragt: "Wo bleiben die europäischen Außenminister? Wo bleibt unsere Außenministerin?" Die schrecklichen Vorfälle hätten allen Gegnern des Irak-Kriegs Recht gegeben, betonte der FP-Europaabgeordnete. Statt zu "kuschen" müsse Europa nun die Führungsspitze der USA auffordern, unverzüglich die politische Verantwortung für die Verbrechen zu übernehmen. Mit den neuen US-Sanktionen gegen Syrien ist für FPÖ-Klubobmann Scheibner "einmal mehr der Beweis erbracht, dass die Vereinigten Staaten völlig unsensibel, ohne Rücksicht auf die Notwendigkeiten in einer Krisenregion agieren". Die USA hätten aus dem "Scheitern im Irak" nichts gelernt, sagte der frühere Verteidigungsminister. Neben einer Reaktion des Außenministeriums hofft Scheibner auch auf eine "objektive Sicht" der EU zu den Sanktionen gegen Syrien.

Gudenus will Maske herunterreißen

FPÖ-Bundesjugendchef Johann Gudenus hat "angesichts der aktuellen Verbrechen der US-Armee im Irak" an die Außenministerin die Aufforderung gerichtet, den amerikanischen und den britischen Botschafter ins Außenamt zitieren zu lassen, "so wie es auch schon in der Schweiz geschehen ist". Es sei "an der Zeit, dass die Maske der Supermacht USA heruntergerissen wird und alle Verbrechen und Kriegstreibereien ungeschminkt der Öffentlichkeit unterbreitet werden", forderte Gudenus. (APA)