Wien/Klagenfurt/Innsbruck - Die FPÖ will von der Bundesregierung eine "klare Stellungnahme" zu den Folterungen irakischer Gefangener durch Militär- und Geheimdienstpersonal der Besatzungsmächte USA und Großbritannien einfordern. Der freiheitliche Klubomann Herbert Scheibner hat am Freitag in Wien entsprechende Schritte beim nächsten Ministerrat angekündigt. "Hier muss etwas getan werden. Österreich und die EU müssen sich klar und eindeutig dazu äußern", forderte er.

Auf Wunsch der SPÖ soll der Außenpolitische Rat eingeschaltet werden. Österreich müsse auf bilateraler wie auf europäischer Ebene rasch aktiv werden, erklärte der geschäftsführende SP-Klubchef Josef Cap. Er kritisierte zugleich die bisherigen Äußerungen von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) "als nicht deutlich genug". Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider (F) erwartet von der Bundesregierung eine Initiative mit dem Ziel, eine Distanzierung der EU von der US-Regierung herbeizuführen.

Dem Außenpolitischen Rat obliegt es, die Regierung in außen- und integrationspolitischen Fragen zu beraten und den Konsens zu stärken. Dem Gremium gehören Bundeskanzler und Vizekanzler, Außen-, Innen- und Verteidigungsminister, sowie Vertreter aller Parlamentsfraktionen an. Die SPÖ will von der Außenministerin insbesondere wissen, ob sie auf bilateraler Ebene ähnliche Schritte wie die Schweiz unternommen habe, die den amerikanischen und den britischen Botschafter ins Außenamt zitiert hatte. Es stelle sich auch die Frage, ob Ferrero-Waldner die Vorfälle zum Anlass genommen habe, auf bilateraler Ebene die von ihr gewünschte Ratifizierung des Abkommens über den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) durch die USA gegenüber diesen zur Sprache zu bringen, erklärte Cap.

Scheibner forderte die Regierung auf, im nächsten Ministerrat klar Stellung zu beziehen. "Wir werden am kommenden Dienstag von der Regierung eine klare Stellungnahme einfordern. Darüber hinaus sollte Österreich aktiv auf die Union einwirken, damit auch die EU zu diesem Folterskandal klar Stellung bezieht. Ein Nichthandeln hätte auch für die Sicherheitsinteressen Europas negative Auswirkungen", erklärte er in einer Aussendung. Die schrecklichen Folterungen und Misshandlungen im Irak hätten nicht nur den USA geschadet, sondern würden auch die westliche Welt "arg in Bedrängnis" bringen.

Der Kärntner Landeshauptmann Haider erklärte, die EU müsse sich "endlich zu den Folterungen und den Menschenrechtsverletzungen" zu Wort melden. EU-Länder wie Großbritannien, Italien und Polen hätten sich aus dem Irak zurückzuziehen. "Das kann auf einer Sonderkonferenz der Außenminister behandelt werden, die von der österreichischen Bundesregierung verlangt werden sollte", sagte Haider.

Der freiheitliche Listenführer für die Wahlen zum Europaparlament, Hans Kronberger, forderte die EU-Außenminister auf, "ihr Schweigen zu brechen und eine klare Stellungnahme abzugeben". Der Europaabgeordnete sprach von einem "terroristischen Folterregime" und einem "massiven Bruch aller zivilisatorischen Rechtsgefüge". Kronberger kündigte auch den Start eines Bürgerbegehrens an, in dem "die österreichische und die europäische Bevölkerung ihren Unmut zu den Gräueltaten im Irak zum Ausdruck bringen kann". Als Vorgabe nannte Kronberger eine Million Unterschriften zur Einleitung eines Bürgerbegehrens, um - wie im EU-Verfassungsentwurf vorgesehen - eine Behandlung dieses Themas in der Europäischen Union zu erzwingen.

Voggenhuber kritisiert österreichisches Hick-Hack

Der Grünen-Spitzenkandidat für die EU-Wahlen, Johannes Voggenhuber, kritisierte, dass der Folterskandal seitens SPÖ, ÖVP und Freiheitlichen zu politischem "Hick-Hack" benützt werde. Ein Engagement auf EU-Ebene, um gegen die Gräueltaten auf beiden Seiten einzutreten, gebe es aber nicht. Lediglich die Grünen hätten sich in einer gemeinsamen Erklärung aller Spitzenkandidaten für eine europäische Initiative ausgesprochen.

Außenministerin Ferrero-Waldner hatte am Donnerstag den Vorwurf zurückgewiesen, zu den Misshandlungen geschwiegen zu haben. "Ich habe nie geschwiegen!", sagte sie im ORF und forderte die USA auf, dem Abkommen über den IStGH beizutreten. Vizekanzler Hubert Gorbach (F) verteidigte Ferrero-Waldner gegen Angriffe der Opposition; er betonte zugleich, angesichts der Schreckensbilder aus dem Irak müsse etwas getan werden. Österreich und die EU müssten sich dazu äußern. SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer zeigte sich erschüttert über die "teilnahmslosen Reaktionen" aus dem Außenministerium auf die Vorgänge im Irak. Bei einer so massiven Angelegenheit wie Menschenrechtsverletzungen müsse die österreichische Außenpolitik ihre Stimme erheben.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vermisst ihrerseits ein Eintreten der in den Iran gereisten FPÖ-Spitzenpolitiker für die Menschenrechte. Die scharfe Verurteilung der Folterungen von irakischen Gefangenen sei legitim und notwendig, doch "die Aussicht bzw. die offen zur Schau gestellte Vorfreude auf lukrative Geschäftsbeziehungen zwischen Österreich und dem Iran darf nicht dazu führen, dass schwere Menschenrechtsdefizite im Iran einfach unter den Teppich gekehrt werden". In dem Land werde die Folter permanent angewandt und grundsätzlich niemand zur Verantwortung gezogen, erklärte die GfbV. Drastische Körperstrafen, wie Amputationen, Auspeitschungen und Steinigungen, kämen im Iran weiter zur Anwendung. Die Situation ethnischer und religiöser Minderheiten, besonders für Kurden und Baha'i, habe sich nicht gebessert und die Zahl von Menschen, die aus politischen Gründen gefangen gehalten werden, sei noch immer sehr hoch. (APA)