Im Interview mit derStandard.at stellt Johann Gudenus die Behauptung auf, ein Gerichtsurteil würde es erlauben, das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) eine "kommunistische Tarnorganisation" zu nennen.

Derartige Angriffe von freiheitlicher Seite sind laut DÖW weder neu, noch entsprechen sie im Detail den Tatsachen. Bereits im Juni 1998 hat Ewald Stadler in einer parlamentarischen Anfrage das Dokumentationsarchiv als "eine Art Privatstasi" bezeichnet.

Gudenus und Stadler stützen sich bei ihren Angriffen auf ein Berufungsurteil des Wiener Oberlandesgerichts von 1998. Das Urteil habe laut Stadler und seinen freiheitlichen Kollegen "zu Recht erkannt", dass das DÖW eine "kommunistische Tarnorganisation" sei.

Üble Nachrede

So könne der entsprechende Urteilsspruch jedoch nicht interpretiert werden, heisst es in einer Stellungnahme des DÖW. Der Fall im Detail: 1992 ritt Friedrich Romig in einem Artikel der rechtsextremen Zeitschrift "Aula" scharfe Attacken gegen das Dokumentationsarchiv. Unter anderem verteufelte er das DÖW als eben jene "Tarnorganisation" und bezeichnete Wolfgang Neugebauer, den wissenschaftlichen Leiter des DÖW, als "Denunziant". Neugebauer klagte auf üble Nachrede, Romig wurde daraufhin in einigen Punkten rechtskräftig zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt.

Einzelne Passagen in Romigs Artikel qualifizierte das OLG Wien jedoch als "Werturteile im Rahmen einer politischen Auseinandersetzung" und stellte sie straffrei. Der Richter folgte damit der Rechtssprechung des Europäischen Gerichts für Menschenrechte. Dass manche Zitate aus Friedrich Romigs Artikel nach geltender Rechtsauffassung nicht als strafwürdige üble Nachrede gelten, bedeutet nicht, dass das Gericht solche Behauptungen für richtig befindet.

Derartige Angriffe von Gudenus, Stadler und Kollegen stellen laut DÖW allenfalls eine "originelle", nichtsdestotrotz aber "unrichtige Leseart" dieser Berufungsentscheidung dar. (red)