Wien/Berlin - Ein Bericht im Londoner Evening Standard liefert der österreichischen Opposition neuen Anlass, die Abbestellung der Eurofighter zu fordern. Gestützt auf eine Studie des Technologie-Studienzentrums QinetiQ behauptet das Blatt, der (überwiegend als Einsitzer gebaute) Eurofighter würde im bodennahen Bereich oder bei Schlechtwetter nur von zwei Piloten geflogen werden können, weil gewisse Systeme die Bodenannäherung nicht anzeigten oder ganz abschalteten "mit katastrophalen Folgen".

Tatsächlich hat QinetiQ eine solche Studie erstellt und als "areas of concern in daily routine" ausgemacht, dass gewisse Softwarekomponenten für Luftkampf in Bodennähe noch nicht implementiert wurden. Sie sind erst für den fünften Produktionsblock der ersten Tranche vorgesehen - diese wird im Jahr 2005 gefertigt und die entsprechende Software wird dann in alle anderen Eurofighter eingebaut. Auch in jene der zweiten Tranche, mit denen Österreich ab 2007 beliefert wird.

Im bisherigen Flugbetrieb hat es weder in England noch in Deutschland Probleme gegeben. Der britische Pilot Archie Neill berichtet, dass Abfang-Übungen sowohl in großer Höhe als auch niedrig über der See und bei Dunkelheit erfolgreich absolviert worden sind. In fünf Wochen Betrieb habe es keinen einzigen Fehler des Radars gegeben. In Deutschland wird der Eurofighter inzwischen routinemäßig von der Luftwaffenbasis in Laage betrieben - und wurde in der Vorwoche ebenso routiniert auf der Luftfahrtshow ILA in Berlin vorgeführt.

Die deutsche Bundeswehr und der sozialdemokratische Verteidigungsminister Peter Struck halten denn auch eisern am Eurofighter fest. Gleichzeitig wird die Bundeswehr einer ähnlichen Reform hin zur Einsatzorientierung unterzogen wie Österreichs Bundesheer: Ansatz ist eine neue Ausbildung der Rekruten, um den Wehrdienst attraktiver zu gestalten.

Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan will die jungen Männer auf Auslandseinsätze vorbereiten, was einer Revolution gleichkommt, denn bisher ist Rekruten der Einsatz im Ausland eigentlich nicht gestattet. Aber wie die Erfahrung zeigt, entscheiden sich viele, die dann im Ausland Dienst tun, während des Grundwehrdienstes dazu. Bisher sind deutsche Soldaten auf dem Balkan und in Afghanistan im Rahmen von UN-Friedensmissionen aktiv. So sollen künftig auch Grundwehrdiener lernen, etwa einen Checkpoint aufzubauen und Sicherungsdienste zu übernehmen.

Bei der Bundeswehr wird argumentiert, dass dies auch jenen nützlich sein könnte, die nach ihrer Präsenzdienstzeit im boomenden Wach- und Sicherheitsbereich arbeiten möchten. Minister Struck ist klar für die Beibehaltung der Wehrpflicht. Die deutschen Grünen sind (ebenso wie die österreichischen) für eine Freiwilligenarmee.

Die Wehrpflicht und ihre Dauer ist auch Gegenstand der Bundesheer-Reformkommission. SPÖ-Wehrsprecher Anton Gaal sagte dem Standard, er erwarte einen Konsens über eine Verkürzung der Verpflichtung auf sechs Monate - "als Friedensdividende nach 50 Jahren Frieden". Die Forderung, die Heeresreform mit zusätzlichen Mitteln zu finanzieren, lehnt er ab: "Man soll nicht mehr Geld in die Hand nehmen, sondern schauen, wie weit man mit dem kommt, das man hat." Kasernenverkäufe müssten allerdings dem Heeresbudget zugute kommen. (cs, afs/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.5.2004)